22.

30.01.2014

Gedanken über okkulte Fähigkeiten, die scheinbar gute Früchte bringen

Gutgläubiger Handlanger böser Geister

Von P. Joseph- Marie Verlinde

Als Student hatte er Yoga entdeckt und sich in die Meditation fallen lassen. Weil er so begabt war, nahm ihn Guru Maharishi in den inneren Kreis seiner Schüler auf. In alle Praktiken eingeweiht, erlebte Verlinde die tiefsten Erfahrungen, die transzendentale Meditation eröffnet. Eines Tages fragte ihn zufällig jemand danach, welchen Stellenwert Jesus für ihn habe. Diese beiläufige Frage löste in Verlinde eine Revolution, eine Umkehr aus: Binnen 24 Stunden verließ er Indien...

Ich komme also nach vier Jahren in Indien wieder in den Westen zurück mit der neuen Verantwortung, dem Ruf des Herrn zu folgen. Es war ein neuer Anfang. Mein Fehler war allerdings: Ich hatte nicht die Demut, meinen Herrn dort zu suchen, wo Er lebt, wo Er sich schenkt, in Seiner Kirche. Da ich also nicht dorthin ging, wo sich der Geist in Fülle verschenkt, war ich eine leichte Beute für esoterische Sekten, die sich zwar auf den Namen Jesu oder das Evangelium berufen, aber nicht zu den Jüngern Christi zählen: die Gnostiker. Sie stellen eine Lehre des Heils vor, eine Lehre, nicht eine Person, nicht ein Ereignis, das rettet. Es ist vielmehr ein Wissen, das angeblich rettet.

Ohne auf Einzelheiten einzugehen, sei nur so viel gesagt, dass ich in die Hände von Mitgliedern esoterischer, christlicher Sekten geraten bin. Sie erkannten rasch, dass ich Fähigkeiten besaß, nannten das Gottesgaben und animierten mich dazu, mich aus Liebe in den Dienst meiner Brüder zu stellen — im Namen Jesu.

Die erste Fähigkeit, die sie entdeckten, war die Radiästhesie, um medizinische Diagnosen zu stellen: Man hat mir ein Pendel in die Hand gedrückt und gesagt: „Sie haben Talent, eine außergewöhnliche Begabung.“ Erstaunt nahm ich die Schnur mit dem Stück Blei in die Hand: Tatsächlich, es funktionierte bestens.

Bald stellte ich allerdings fest, dass ich das Pendel in der Gegenwart des Ratsuchenden — meistens stellt man ja irgendeinen Kontakt zu der Person her, in dem man etwa die Hand auflegt — gar nicht brauchte, um eine Diagnose zu erstellen. Es genügte, dass ich den Betreffenden ruhig anschaute, um zu erkennen, was nicht funktionierte. Ich hatte die „Gabe“ des Hellsehens.

Sehr bald machte man mich darauf aufmerksam, dass jene, die wegen einer Diagnose gekommen waren, sich besser fühlten, wenn ich meine Hand auf ihre legte: Ich hatte also auch die „Gabe“ der Heilung. Das waren viele „Gaben“ in kurzer Zeit...

Ich möchte betonen, dass ich während all dieser Praktiken auf meinem Weg der Umkehr weiterging. So gut ich konnte, blieb ich Jesus treu, ging täglich zur Eucharistie, hielt Zeiten der Anbetung. Ich betete zu Maria, auch den Rosenkranz, hatte also ein wirkliches Glaubensleben.

Was das Mediale betrifft, möchte ich es so definieren: Es ist die Fähigkeit, sich in eine Beziehung des Verschmelzens mit der Person, die einem gegenübersteht, einzulassen und nicht nur mit Personen, sondern auch mit okkulten Energien. Wir sprechen von einer okkulten Kraft, einer Kraft, die wir einsetzen, aber nicht mit Mitteln der klassischen Physik sichtbar machen können. Wir können sie auch nicht beherrschen, sind unfähig, diese „Energie“ zu objektivieren. Einige werden antworten: Da ist doch das Pendel, als Mittel die Energie zu registrieren. Das Problem ist nur: Das Pendel selbst ist Teil des okkulten Wissens. Es ist kein Apparat: In der Hand des einen wird es „antworten“, in der Hand des anderen nicht. Das Pendel macht nur die mediale Eigenschaft seines Benützers sichtbar. Pendeln gehört in den Bereich des Hellsehens. Mit einer gewissen Übung kommt man ohne das Pendel aus. Dasselbe gilt übrigens für alle anderen Träger: die Kristallkugel, die Tarot-Karten...Meine Macht erwies sich als immer entfremdender. Sie forderte eine dauernde Vertiefung, eine wachsende Beherrschung. Dies wirkte entfremdend auf mich, aber auch auf jene, die mich konsultierten. Ob sie es nun wollten oder nicht, die Personen gerieten zu mir in eine Beziehung wie zu einem Guru.

Und dabei hätte ich gewarnt sein müssen. Ich sah ja, dass es durch meine Fähigkeit, die Gedanken der anderen zu lesen, zu einem Missbrauch der Freiheit dieser Menschen kam. Wenn Jesus mir die Freiheit eines Neubeginns gegeben hatte, so durfte ich die Freiheit der anderen nicht an mich reißen. Wenn Jesus Christus für unsere Freiheit am Kreuz gestorben war, hatte ich einfach nicht in die psychische Intimität meiner Brüder einzudringen. Eines Tages, als ich einigen Bekannten die Hände auflegte, wurde mir bewusst, dass mich in meinem Inneren irgendwelche Wesen mit personalem Charakter anrührten. Das ist schwer zu beschreiben. Jedenfalls handelte es sich nicht um eine Geisterfahrung, wie sie der Heilige Geist wirkt... Ich erlebte, dass ich unter der Einwirkung von jemandem stand. Sie können sich mein Erstaunen, ja, ehrlich gesagt, meine Angst vorstellen.

In dieser Zeit erlebte ich das, was man heute „Channelling“ nennt. Es ist eine Form des Spiritismus. Wenn ich Wissen durch eine unmittelbare, nicht über die Sinne laufende Intuition bekomme, entspricht dies nicht der Art, wie die Dinge beim Menschen vor sich gehen. Diese Art zu wissen ist den Engeln eigen: Sie erfassen die Wesen unmittelbar. Leider gilt das nicht nur für die Engel des Lichts, sondern auch für die gefallenen. Jedesmal also, wenn wir im Bereich des Wissens oder Handelns unsere natürlichen Fähigkeiten überschreiten, rufen wir implizit die Hilfe eines Geistes, der sich in unseren Dienst stellt, an. (Hebr. 10, 35)

Eines Tages, bei einer Messfeier in Paris, erlebte ich im Moment der Erhebung des Leibes Christi, wie in mir Blasphemien laut wurden, obwohl ich mich ernsthaft bemühte, Jesus zu lieben. Die Frage drängte sich auf: Wer spricht da in mir? Mir war ganz klar, dass sich dieser Jemand verraten hatte. Natürlich hatten mir die Spiritisten gesagt, dass bei all meinem Tun ein guter Geist wirke.... Aber in dieser Situation bestand für mich keinerlei Zweifel mehr über die Natur dieses angeblich heilenden Geistes.

Ich ging sofort in die Sakristei, erzählte dem Priester, was passiert war. Dieser antwortete mir seelenruhig: „So was wundert mich nicht.“ „Das wundert Sie nicht?!“ „Nein, ich bin der Exorzist der Diözese.“

Da habe ich verstanden. Wir haben mit einigen sehr klaren Gebeten angefangen. Und ich begriff, was da vor sich ging. Erlauben Sie mir, keine weiteren Details zu erzählen. Was folgte, gehört zu den erniedrigensten Erfahrungen meines Lebens. Man kann sich nicht vorstellen, was bei einem solchen Geschehen passiert. Es war aber eine Gnade, dass mir der Herr gestattete, in meinem Inneren dem Kampf zwischen dem Licht und der Finsternis beizuwohnen.

Der Herr hat mir endgültig die Freiheit bei einem Befreiungsgebet einer kleinen Gemeinschaft von Karmeliten in Brügge geschenkt. In einem ganz einfachen, vom Glauben getragenen Gebet haben sie für ihren angeketteten Bruder gebetet.

Lassen Sie mich nun auf diese Geister zurückkommen: Es sind Lügengeister. Sie versuchen mit allen denkbaren Mitteln, unsere Aufmerksamkeit zu erregen, sich in unser Leben einzuschleichen. Mehr kann ich gar nicht sagen. Es ist ein Eindringen auf geistiger Ebene, dass spirituelle, aber auch psychische und körperliche Probleme hervorruft. Ich kann von all dem Zeugnis geben. Der Ausdruck klingt nicht schön, aber ich meine, es handelt sich da um eine Art von okkultem Vampirismus. Er erschöpft den Menschen langsam aber sicher und führt ihn zunehmend in eine existentielle Unsicherheit.

Es gibt noch andere, mechanischere Formen: etwa das automatische Schreiben. Es verbreitet sich enorm rasch. Jeder kann das erwerben. Es besteht darin, dass ein Geist, den man anruft, sich einer Hand bedient. Dann beginnt man, ohne Widerstand leisten zu können, zu schreiben, in einer Schrift, die nicht die eigene ist. Man schreibt Dinge, die gänzlich unvorhersehbar sind.

Ich könnte Ihnen leider eine ganze Reihe von einschlägigen Erfahrungen mit schweren physischen und psychischen Folgen berichten. Eine davon: Eine junge Frau kommt zu mir um Rat. Sie hat auffallende Symptome: Das Gefühl, eine Zange im Hals zu spüren, Zittern in der Nacht, Ängste, ein Gefühl, wie Messerstiche im Bauch... Diese Symptome treten regelmäßig auf... Das Verhalten ihres Vierjährigen macht ihr Sorgen. Er ist seit Monaten sehr aggressiv. Vor ein paar Tagen habe er sie mit einem Messer verfolgt. Ein Vierjähriger! Ich frage sie, ob sie in Milieus verkehrt hat, die sich dem Okkultismus widmen. — „Nein!“ Ob sie einen schweren Schock hinter sich habe? Ja, den Tod ihres Vaters vor einem Jahr. Sie habe tiefe Verzweiflung erlebt. „Aber er hat mich getröstet und begleitet mich weiterhin...“

Als ich mehr darüber erfahren will, erklärt sie mir, dass sie sich am Abend des Todes alleingelassen, der Flut der Tränen nicht erwehren konnte. Um etwas Trost zu finden, schreibt sie dem Vater einen Brief, beendet ihn tränenüberströmt und lässt ihre Hand auf dem Papier liegen.

Zu ihrer großen Überraschung setzt sich die Hand wieder in Bewegung. Angeblich der Vater: „Mein Kind weine nicht, ich bin im Frieden, in der Freude, habe dich nicht verlassen, werde dich begleiten...“ Erstaunt, zögernd, dann aber voll Freude beginnt sie, sich in allen Entscheidungen an ihren Vater zu wenden. Da ist also ein scheinbar glückliches Ereignis: Trost für die junge Frau. Es kann sich also offenbar nur der Vater gemeldet haben. Ich meine, er hatte anderes zu tun, als mit seiner Tochter zu plaudern. Und wenn man die Symptome sieht, die nur einige Wochen später auftraten, wird offenkundig, dass es weder der Vater war, noch ein guter Geist, sondern diese Art Vampir — Geist, von dem ich gesprochen habe.

Hervorheben möchte ich die Bosheit dieses Geistes, der sich in diese Wunde der Verzweiflung dieser Frau einschleicht. Nun könnte man einwenden: Wie kommt es, dass dieser Geist solche Macht hat? Das habe auch ich gefragt. Und da gab die Frau zu, dass sie einige Jahre davor in einer Periode beruflicher Unsicherheit einige Zeit hindurch eine Kartenlegerin konsultiert hatte. Da war also die Einbruchstelle. Hätte es nämlich nicht Zustimmung zur okkulten Welt durch diese Konsultation und damit Öffnung für das Mediale gegeben, so hätte der Geist keine Zugriffsmöglichkeit im Moment der psychischen Schwierigkeit gehabt. Es bedarf einer freien Zustimmung.

Da sind wir wieder bei der großen Bedeutung unserer Freiheit. Wir wählen, wir bauen unsere Geschichte. So sehr der Herr unsere Entscheidungen respektiert, so sehr stimmt es, dass das Bemühen des Bösen wenig Respekt vor unserer Freiheit hat.

Es stimmt auch, dass der Herr immer da ist, um uns zu helfen. Ich habe erlebt, dass Menschen, die sehr im Okkultismus verhaftet waren, in dem Moment, wo sie beschließen, zum Herrn Jesus zurückzukehren und auf ihr Tun verzichten, um sich Christus zuzuwenden, mit Hilfe des Gebetes der Brüder voll die Freiheit wiedererlangen können.

Auszugsweise Abschrift des Zeugnisses von P. Joseph — Marie auf ei­nem Video-Band der Gemeinschaft St. Joseph.

Aus „Vision 2000“

Herausgeber und Verleger:

Verein VISION 2000, Elisabethstraße 26, 1010-Wien

 Tel.: 586 94 11, 586 94 00

E-Mail: www.vision2000.at

Internet: vision2000@aon.at