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30.07.2014

Feind Nr. 1, Versucher schlechthin

Kein Zweifel an der Existenz des Widersachers

Vom Teufel darf heute durchaus geredet werden: in Black-Metal-Songs oder Berichten über okkulte Praktiken, aber nur ja nicht in ernsthaften Debatten - und vor allem nicht in der Kirche! Dazu eine Klarstellung.

Kürzlich hörte ich, wie eine alte Dame aus der Zeit des Nationalsozialismus erzählte. Sie war damals 17 und wurde von Freundinnen zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der Hitler eine Rede hielt: „Das musst du erleben, so etwas hast du noch nie gesehen!“ Sie geht mit den Freundinnen hin und hat die Gelegenheit, ganz in der Nähe des Rednerpultes zu stehen. Die Massen sind von Hitlers Auftritt hingerissen. Immer wieder tosender Applaus. Doch die junge Frau sieht Hitler in die Augen - und bekommt es mit der Angst zu tun. „Wird Hitler die Welt in den Abgrund stürzen?“, geht es ihr durch den Kopf. Als sie nach der Rede zu ihren Freundinnen sagt: „Ich sah nur Kälte und Hass in den Augen dieses Mannes“, wenden sich diese empört von ihr ab.

 Schon damals glaubten vereinzelt Menschen - oder sie fühlten es instinktiv -, Hitler sei vom Teufel besessen oder stehe in unheimlicher Weise mit ihm in Verbindung. Diese Ansicht vertreten auch heute viele. Auch Peter Seewald hat in seinem Gespräch mit Papst Benedikt XVI. - damals noch Kardinal - diese Frage diskutiert (Gott und die Welt, DVA). Und dieser sagt zu ihm: „Hitler war einerseits eine dämonische Gestalt... Es gibt glaubwürdige Berichte von Augenzeugen, die darauf deuten lassen, dass er eine Art von dämonischen Begegnungen hatte, dass er zitternd sagte: ,Er war wieder da' und dergleichen.“ Für Benedikt XVI., der in besonders erleuchteter Weise über die Gabe der Unterscheidung verfügt, war Hitler eine Gestalt, die „in einer tiefen Weise in den Bereich des Dämonischen hineingehalten war“.

Seit ich mich mit den Ereignissen um Hitler-Deutschland beschäftige, lässt mich die Frage nicht los: Warum waren es so wenige, die das teuflische Wesen dieses Mannes und seines Regimes durchschaut haben, selbst in kirchlichen Kreisen?

 Es lag Kälte in den Augen Hitlers. Es hat mich nachdenklich gestimmt, als ich einmal las, dass früher viele Theologen die Meinung vertraten, der Teufel habe seinen Wohnsitz im hohen Norden: eben, weil von ihm schauerliche Kälte ausgeht. Es ist mir in der Seelsorge auch immer wieder aufgefallen, wie dämonisch bedrängte Menschen viel über scheußliche Kälte klagen.

 Es geht Kälte aus von jedem Menschen, der in seinem Leben keinen Gott anerkennt und Ihn nicht liebt. Es geht Kälte aus von der seelen- und gewissenlosen industriellen technischen Kultur mit ihren modernen Betonstädten, Stahlbauten und Konsumtempeln. Es geht Kälte aus von der globalen Herrschaft der elektronischen Medien, von Schwulen-Paraden, von den „Männern und Frauen in weißen Kitteln“, die ungeborene Kinder töten. Es geht Kälte aus von den industriell geführten Schlachthäusern und Massentierhaltungen. Es geht Kälte und Schauder aus von einem Staat, der die Unzucht in seinem Volk mit Plakatkampagnen (Aids) stützt. Es geht Kälte aus von der fortschreitenden weltumfassenden Organisation und Überwachung der Menschenmassen und der Zentralisierung der globalen wirtschaftlichen, politischen und Finanzmächte…

Vor über 70 Jahren prophezeite der große Kulturphilosoph Friedrich Wilhelm Foerster der Welt: „Der von Gott gelöste Mensch ,vertiert' in der Massenorganisation, das kollektive Wesen entartet in eine bloße Riesentechnik zur Befriedigung der gröbsten Bedürfnisse; persönliches Leben gilt dann als Störung und als Hochverrat am Geiste der Organisation.“

Wir finden bei Friedrich Nietzsche, der den Tod Gottes verkündet hat, in einem seiner vielen Notizhefte, die er hinterlassen hat, diesen Satz: „Gott ist widerlegt, der Teufel nicht.“ Es stimmt nachdenklich, dass heute laut Umfragen mehr Menschen an die Existenz des Teufels glauben als an Gott, vor allem die Jugend. Woher kommt das? Weil die Präsenz des Bösen - wenn auch schillernd und nie wirklich greifbar - für den Menschen spürbarer, sichtbarer, aufregender ist als die Präsenz des Heiligen.

 Es geht vom Bösen unheimliche Faszination aus, metallene Kälte, ein Gefühl des Unheimlichen: Es ist in ihm Zynismus, Stolz, Spott und Gelächter. Im Blick auf die Zerstörung des Christentums riet Nietzsche seinen Anhängern: „Nicht mit Worten, durch Lachen tötet man.“

Es gibt kein Thema, das die Massenmedien der modernen säkularisierten Gesellschaft in heftigere Entrüstung und Protest versetzt, als wenn die Kirche in aller Deutlichkeit von der Wirklichkeit des Teufels spricht. Ich werde es mein Leben lang nicht vergessen, welch wütendes Echo weltweit Papst Paul VI. ausgelöst hat, als er 1972 - in einer äußerst bedrängten Stunde der Geschichte der Kirche - in erschütternder Eindringlichkeit von der Wirklichkeit und der Gefahr des Teufels gesprochen hat.

 So sagte dieser allem Mystizismus abgeneigte Papst: „Die Wirklichkeit des Bösen ist nicht bloß ein Mangel, sondern eine wirkende Macht, ein lebendiges geistiges Wesen, das pervertiert ist und selbst pervertiert: eine furchtbare, geheimnisvolle und beängstigende Wirklichkeit. Wer sich weigert, diese Realität anzuerkennen, verlässt den Boden der biblischen und kirchlichen Lehre... Der Dämon ist der Feind Nummer eins, er ist der Versucher schlechthin. Wir wissen, dass dieses finstere und verführerische Wesen wirklich existiert und nicht aufhört, seinen Einfluss auszuüben. Er ist der listige Zerstörer des moralischen Gleichgewichts des Menschen, der heimtückische Verlocker, der es versteht, in uns einzudringen (über die Sinne, die Phantasie, die Begierde, die utopische Logik oder über ungeordnete soziale Kontakte), um Irrtümer zu verbreiten…“

Paul VI. hatte damals das mangelnde Problembewusstsein - nennen wir es die Blindheit für die Wirklichkeit des Bösen - der zeitgenössischen Theologie beklagt. Er sagte: „Es wäre sehr wichtig, die katholische Lehre über den Teufel und über den Einfluss, den er ausüben kann, erneut zu studieren, was heute allerdings wenig geschieht.“ Diese Worte könnten heute gesprochen sein.

 Ein Jahr vor seinem Tod kam Papst Paul VI. nochmals bei einer Generalaudienz auf dieses Thema zu sprechen, weil sich gerade in seinem Pontifikat die ganze diabolische Heftigkeit des Bösen manifestierte: „Es ist kein Wunder, wenn unsere Gesellschaft langsam, aber sicher von der Ebene wahren Menschentums herabgleitet… Die Heilige Schrift mahnt uns mit Bitterkeit, dass die ganze Welt - hier im negativen Sinn verstanden - vom Bösen beherrscht wird.“ Diese Worte wurden von ihm vor über 35 Jahren in die bedrohte Welt hineingerufen, aber niemand wollte sie hören. Wollen wir sie heute hören?

 Der große Theologe Hans-Urs von Balthasar hat einmal gesagt: „Das letzte Wort werden die Heiligen haben.“ Er meinte, die Heiligen seien die besten und verlässlichsten Zeugen der authentischen Lehre der Kirche. Wir werden in der gesamten Geschichte der Kirche keinen Heiligen finden, der nicht mit der Wirklichkeit des Teufels konfrontiert worden wäre, denken wir nur an Pfarrer von Ars. Ja, man kann sagen: Je näher ein Mensch Christus ist, je mehr sein Leben von Dessen herrlicher Gnade umgewandelt ist, umso sensibler, hellsichtiger wird er für die „furchtbare, geheimnisvolle und beängstigende Wirklichkeit“ des Bösen in unserer Welt und ihren Widerstand auch spüren. Es ist die Sünde, vor allem die Lüge, die uns blind macht für das Teuflische in der Welt. Denn die Lüge verunreinigt den inneren Menschen und entfernt ihn von der Wahrheit: vom lebendigen Christus.

 In einer neueren Umfrage in Deutschland wird behauptet, der Mensch von heute lüge durchschnittlich alle acht Minuten. Wir können es nicht überprüfen. Aber eines können wir täglich erleben: Wir Menschen - ich meine uns Christen - nehmen das Lügen erschreckend leicht. Dabei sagen uns die Heiligen, dass nichts den inneren Menschen so entstelle und entarte wie das Lügen, auch das Leichtnehmen der Lüge.

 Wer lügt, wer sich nicht täglich, ja, stündlich, ja, in jedem Augenblick bemüht, durch und durch wahrhaftig zu sein in seinem Denken, Reden und Tun, der kann den Geist Christi, den Heiligen Geist, nicht wirklich in sich haben. Denn Christus ist die Wahrheit und nichts steht Ihm so radikal entgegen wie der Geist der Lüge, die halbe Wahrheit, die Unehrlichkeit und Unlauterkeit im Sprechen und Tun, die krummen Dinge in Geld-, Steuer- und Erbsachen… „Denn der Teufel ist ein Lügner und er ist der Vater der Lüge“ (Joh 8,44). Er ist der Feind Christi schlechthin.

 Ich persönlich meine: Hier liegt die Hauptursache dafür, warum wir Christen so schwach, blind und ausgelaugt sind, und das Böse, Teuflische, das Dämonische in unserer Welt nicht wahrnehmen, nicht sehen, nicht sehen wollen (!) und ihm nicht widerstehen, warum wir es banalisieren und darauf oft so erbärmlich, ja, kläglich hereinfallen.

„Ein Mund, der lügt, tötet seine Seele“ (Weis 1,11). Das ist in Wahrheit so. Und wer seine Seele tötet, tötet das göttliche Leben im Heiligtum seiner Seele. Er wird, ohne daß er es weiß und merkt, zum Diener der Todeskultur heute, er wird zum Diener des Antichristlichen. Das zeichnete ja gerade die Massenmörder des letzten Jahrhunderts aus (Hitler, Stalin, Mao etc.): dass sie große Lügner waren, Lästermäuler, dass ihr Gott „der Vater der Lüge“ war, den unser Herr auch den „Menschenmörder von Anbeginn“ (Joh 8,44) nennt. „Ich habe die Lüge zur Weltmacht Nummer eins gemacht“, spricht der Teufel in einer Szene in Günther Schwabs „Tanz mit dem Teufel“.

Was sollen wir tun? Um die Welt mit den Augen unseres Herrn zu sehen, um den Mut zu haben, der schauderhaften Wirklichkeit des Teuflischen in unserer Welt mutig ins Angesicht zu sehen und sich dagegen zu stemmen, müssen wir uns bedingungslos, hundertprozentig, mit der ganzen Kraft und Leidenschaft unseres Herzens, unseres Geistes und Leibes dem lebendigen Gottmenschen Jesus Christus anschließen, wie z.B. ein Franz Jägerstätter es uns vorgelebt hat. Denn Christus ist das Licht der Welt, der Feuerherd der Liebe Gottes, an dem sich ein ganzes Universum an Finsternis und Kälte entzünden kann. (Siehe Buchempfehlung Jesus S. 21)

 Wir müssen uns täglich um größere Heiligkeit bemühen: um größere Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit im Denken, im Reden, in allem, was wir tun, und um größere evangelische Authentizität. Wir müssen dem täglichen persönlichen Gebet einen unbedingten festen Platz einräumen, der täglichen Schriftlesung, der Vertiefung der kirchlichen Lehre - und den heiligen, starkmachenden Leib und das reinigende Blut unseres Herrn und Gottes Jesus Christus, wenn möglich, täglich in großer Sehnsucht empfangen. Anders können wir Christen heute und morgen nicht mehr bestehen. Wir werden uns sonst unmerklich an die Herrschaft der Lüge verlieren wie Millionen und Abermillionen vor 70 Jahren und dem schauderhaften Aufstieg des Antichrists zujubeln wie damals.

 Empfohlene Lektüre: Katechismus der katholischen Kirche; Christlicher Glaube und Dämonenlehre Kongregation für die Glaubenslehre, Christiana-Verlag, Stein am Rhein. Wozu ist der Teufel da? Von Klaus Berger, Gütersloher Verlagshaus.

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Die Bibel bezeugt die Existenz des Widersachers

 

Von Satan wird vor allem in der Katechese und den Predigten kaum geredet. Und dennoch: Jahr für Jahr lädt uns der erste Fastensonntag ein, Jesus in die Wüste zu begleiten und dem Versucher zu begegnen.

Wenn man mit diesem Bericht - von Markus zusammengefasst, von Matthäus und Lukas weiter ausgeführt - konfrontiert wird, gibt es nur drei mögliche Kommentare. Entweder haben die Evangelisten eine Geschichte erfunden, um die braven Leute zu belehren - eine Belehrung, die man folgendermaßen zusammenfassen kann: Der Messias geht nicht in dieselbe Falle, in die Israel während des Exodus und die Kirche im Lauf der Jahrhunderte getappt sind.

Oder: Jesus wird in der Einsamkeit der Wüste mit seinen inneren Dämonen konfrontiert; das ist zwar eine Ungeheuerlichkeit, ist jedoch vor Jahren in einem Messbuch für Kinder zu lesen gewesen! Oder aber: Satan existiert, Jesus ist ihm begegnet.

Einige betonen, dass wir nicht im eigentlichen Sinn des Wortes an Satan glauben: Wir glauben an Christus. Das ist richtig, aber etwas einseitig. Eher müsste man sagen: Wir glauben an Christus und daher nehmen wir den ernst, den Er bei drei Gelegenheiten als Herrscher der Welt bezeichnet.

Verstehen wir uns richtig: Es geht nicht darum, die Folklore, die sich rund um die Hölle und ihrer Dämonen entwickelt hat, gutzuheißen: Hörner und Pferdefuß, Spieße und Bratrost sowie Teufeleien aller Art. All das, was da Angst erregen soll, verleitet eher zu einem Lächeln.

Dagegen können wir in Übereinstimmung mit der ganzen Heiligen Schrift, angefangen bei der Schlange in Genesis bis zum Drachen in der Apokalypse, ohne jeden Komplex unsere Überzeugung äußern: In der Geschichte ist eine Macht des Bösen am Werk. Um das auszudrücken, haben die biblischen Schriftsteller eine Symbolsprache verwendet. Dabei scheuen sie nicht davor zurück, Bilder aus der Mythologie zu verwenden: Feuer, Monster, unterirdische Finsternis, Folter...

 Unter dem Vorwand, dies sehe nach heidnischen Legenden aus, haben einige den naiven Stolz, dieses Larifari nicht mehr zu glauben. Sie täten besser daran, nach dem Sinn dieser - zwar archaischen, aber tiefen - Intuitionen zu fragen. Vor allem könnten sie sich bemühen zu erkennen, wie die Offenbarung sie reinigt und erhellt. Das möchte ich im Folgenden zusammenfassen.

 Es gibt keinen Gott des Bösen - selbst wenn Satan versucht, der „Gott dieser Weltzeit“ (2Kor 4,4) zu sein. Satan ist Geschöpf, ein Engel, der sich aufgelehnt hat. Die ältesten Texte sehen ihn im himmlischen Hof, wo er die Gerechten anklagt und auf die Probe stellt (siehe Ij 1,6ff; Sach 3,1f) In den zwei Chronikbüchern wird sein Amt (Ankläger und Widersacher zu sein) zum Eigennamen.

 Das Buch der Weisheit identifiziert ihn mit dem, der den Menschen von Anfang an in seinen Absturz mitgerissen hat (1Chr 21,1; Weish 2,24) Jesus, der neue Adam, kommt, um den Menschen aus der Macht des Bösen zu befreien: Die Anspielungen auf diesen Machtkampf, in denen der Feind unterliegen wird, sind zahlreich in den Evangelien (u.a. Mt 12,29; 13,39; Lk 10,19).

 Die Apostelgeschichte und die Apostelbriefe machen dann deutlich, wie Kreuz und Auferstehung uns aus der Macht des Teufels befreit haben. Die Betrachtung des Vaterunsers ist da sehr aufschlussreich. Wenn vom Bösen die Rede ist, geht es nicht um ein Etwas, sondern um eine Person. Das Wort ist nicht im Neutrum zu nehmen: das Übel im Allgemeinen oder eine abstrakte Idee vom Bösen oder bösen Dingen. Es ist männlich; daher schreiben es unsere Übersetzungen mit einem Großbuchstaben. Es geht wirklich um den, der im feierlichen Taufritus bezeichnet wird, einem Dialog, den wir Jahr für Jahr in der Osternacht sprechen: „ Widersagt ihr dem Satan, dem Urheber des Bösen? - Ich widersage!“

 

Alain Bandelier, Auszug aus „Famille Chrétienne“ Nr. 1050

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