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09.12.2013

Ich fühle mich gedrängt, dir bezüglich der „Dürre“, die dich erfasst hat, zu trösten. Du bist nicht allein. Und mit Sicherheit bin ich nicht der einzige Leidensgenosse, der wie du diese Seelenqual durchlebt.  Gegenüber dir habe ich aber einen entscheidenden Vorteil: Seit 1987 erlebe ich diese Momente in regelmäßigen Abständen und freue mich bereits darauf, wenn sie wieder eintreffen. Warum? Aufgrund der Erfahrungen, die ich damit mache, stehen nach durchlebter „Durststrecke“ stets große Gnaden bevor. Oft durfte ich selber die Früchte erkennen, sehen und ernten, mitunter aber auch blieben sie mir verborgen und nur in meinem Glauben sichtbar. Jetzt in diesen Tagen des Leidens, die auch Tage großer Gnaden sind (!), machen wir Menschen sehr leicht den Fehler, alle diese Momente von unserer Sichtweise aus einzuschätzen und zu beurteilen. Dazu gehört auch die Frage: Wie lange noch, Herr? Gott ist völlig anders als wir Menschen IHN uns vorstellen können und wollen. Und nur über die Vorstellungskraft der Liebe können wir ansatzweise in das geheimnisvolle Herz Gottes ein wenig eindringen und verstehen und begreifen lernen. Je mehr wir lieben, desto besser gelingt uns das. Bitte verzeih meine belehrenden Worte, aber ich kann mich hier nicht anders ausdrücken, um dir die Sinnhaftigkeit der Seelennot und der langen Wartezeit zu erklären. Vielleicht kann ich es anschaulich so ausdrücken:

Jeder von uns kennt das Gefühl des Verliebt-Seins. Ein entscheidender Teil dieses Gefühls ist, dass plötzlich alles um einen herum so einfach geworden ist. Nichts ist mehr kompliziert. Alles ist auf das "Du" ausgerichtet. Und wenn das "Du" abweisend ist, herrscht in der Liebe kein Zorn oder gar Rache, sondern nur ein unbeschreiblich trauriges „Schade“. Man möchte alles für das "Du" sein und nimmt auf sich selbst keine Rücksicht mehr. Diese oft so schmerzvolle Erfahrung ist in der Liebe keine Enttäuschung, sondern nur Sehnsucht zum "Du" hin und bringt eine gewisse sorgende Anteilnahme mit sich. Gott, der der Inbegriff der Liebe ist, ist auch unendlich unermesslich in seiner Hingabe an uns, in sorgender Zuwendung. Darin verborgen liegt auch der unerfüllte Liebesschmerz durch uns hervorgerufen in unserer Lauheit. Je näher wir mit Gott verbunden sind, desto intensiver spüren wir „Seinen“ Liebesschmerz, weil ja Verbindung auch heißt, Freud und Leid teilen bzw. Anteil daran zu haben. So darf ich – und das ist mein unaufhörliches Dankgebet – im Schmerz und in diesem Psalmwort, das auch Jesus am Kreuz ausgerufen hat: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Ps 22,2: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, / bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage? Siehe auch: Mt 27,46 und Mk 15,34) mich hineingenommen fühlen in diese herrliche, grenzenlose Liebesbeziehung. Das unterscheidet uns maßgeblich von unseren Mitchristen, den Kindern der Welt: Unsere Einsamkeit durch das Kennen und Annehmen der Wahrheit liegt in der Bejahung des Kreuzes, während alle jene, welche die Wahrheit nicht kennen, das Kreuz als unnötige Quälerei Gottes und Verirrung unsererseits sehen und ablehnen. In ihren Augen ist diese Quälerei  überflüssig und deshalb unnötig. Darin liegt auch die Ursache der kommenden großen Verfolgung. Deshalb kann die richtige Reihenfolge im Gebet nur sein: Dank, Lobpreis und dann erst Bitte. Das kann ich zum Beispiel bei Jorge M. Bergoglio nicht erkennen. Diesen Baum erkenne ich an seiner Frucht.

Walter