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22.12.2014

Weihnachtszeit. Straßen erleuchten hell im Christbaumschmuck, Schaufenster werden zu Lichtermeeren, Sonderangebote, in glänzende Päckchen gehüllt, sollen gekauft werden, um am Heiligen Abend Freude zu schenken. Weihnachtsstress. Die Menschen laufen durch die Straßen, durch Geschäfte, Supermärkte, Weihnachtsmusik soll sie erinnern an die Heilige Nacht, stundenlang, tage-, wochenlang. Nirgendwo kann man den Glockenklängen entkommen, es schallt und klingelt und tönt. Sie laufen und kaufen, suchen und prüfen. Weihnachten, Fest der Liebe. Eine Radiomoderatorin verkündet jeden Tag, sie habe immer noch kein Geschenk gekauft, sie wisse auch nicht, für welche Menüfolge sie sich an den Feiertagen entscheiden solle: Wann die Würstchen mit Kartoffelsalat, wann die Gans, den Lachs …?

Weihnachten, Fest der Liebe. Das christliche Abendland hat seinen Event, eine Veranstaltung der Superlative. Es dürfte die wichtigste Show sein im Jahr: Hier addieren sich die Konsumzahlen, zeigt sich, wie kaufkräftig die Untertanen noch sind. Ist der Einzelhandel zufrieden? Haben sich die Zahlen gesteigert im Vergleich zum Vorjahr? Kaufen die Deutschen genug? Steigerung muss sein, es geht um die stete Maximierung aller Posten: der Umsätze, des Imports, des Exports, der Arbeitszeit, des Bruttosozialprodukts. Solange man sich noch steigert, stagniert die Welt nicht, solange die Umsätze wachsen, lässt sich die Schraube weiter nach oben drehen. Das sind die Merkmale der modernen Zeit. Wir leben nun einmal im Hier und Jetzt, im Materialismus, und der fordert.

Je kaufkräftiger die Menschheit, je präziser der Blick auf die Zahlen gerichtet ist, umso unerbittlicher wird zu Weihnachten argumentiert. Es geht um Geschenke, um Absatz, Handel: Weihnachten ist ein Geschäft, man macht keinen Hehl daraus. Großkonzerne und Weltbankfilialen geben den Takt vor, ihre Stellvertreter in den Regierungsbänken kommen beflissen ihren Aufgaben nach, sie motivieren zum Kauf, sie treiben das Rad an, schließen gefährliche Allianzen. Wenn die Zahlen stimmen, lächeln sie zufrieden, die Untertanen folgen den Anweisungen, sie fragen nicht mehr, sondern machen, was erwartet wird. Moderne Zivilisation halt.

Während die Menschen sich im Hamsterrad weiter drehen, bemühen sie sich wie unter unsichtbarem Zwange, nicht nur ihre Bürgerpflichten als Steuerzahler und Verbraucher zu erfüllen: Auch die Erwartungen ihrer Nebenmenschen, der Kollegen und Freunde, der Kinder, die sie selbst mit nährten, wollen bedient werden. Man will ja nicht kleinlich sein: Wenn die Nachbarn ihren Nachwuchs zuschütten mit elektronischen Kommunikationsmedien, kann man schlecht nur von Liebe und Wahrheit reden, während die eigenen Kleinen mit traurigen Augen unter einem leeren Baum sitzen müssen, oder? Es ist längst zu einem dämonischen Gruppendruck geworden, was das Weih­nachtsfest genannt wird, er schwillt an, wird von Jahr zu Jahr mehr, einem dunk­len Ungeheuer, dass bedrohlich über der Welt lagert, einem morphogenetischen Felde gleich, dass stetig weiterwächst. Es belastet den Körper, den Geist, die Seele.

Weihnachten, dass Fest der Liebe. Was wissen wir eigentlich noch davon? Welches Kind kennt die Weihnachtsgeschichte, kennt den wahren Ursprung des hohen Festes? Wer war noch das Christkind? Warum brachte es letztes Jahr so wenig Geschenke? Wer kann noch ein deutsches Weihnachtslied singen, neben „Jingle Bells“ und „Rudolph, the red nosed Reindeer“? In Zeiten, in denen auch Kreuze in den Schulen abgehängt und stattdessen Halbmonde aufgehängt werden, in denen die Kultur und Tradition dem Kaufzwang und den Gleichstellungsmerkmalen geop­fert wird, kann man nur schlecht noch sprechen über den großen und heiligen Moment in Bethlehem, als der Gottessohn dereinst unsere Erde betrat. Gewiss, dass bedeutsame Datum ist uns im Kopf, es prägt den Kalender, regelt unseren Alltag, ohne dass wir über den Ursprung nachdenken. Was weiß man heute noch von der Krippe, in der das Jesuskind lag und die Welt auf die bedeutsamsten Umwälzungen vorbereitete, die die Welt je gesehen hatte? In unserer modernen Zeit steht der Begriff der Krippe für andere Maßstäbe: Für Fremdbetreuung, fehlende Bindung, überlastete Erzieher, für eine versagende Gesellschaft. Wer denkt dabei noch an Christus, der die Wahrheit brachte, und den Weg zeigte zum Glück, zum Schöpfer?

Es war der Gottessohn, welcher der schon damals verirrten Menschheit den über alles wichtigen Satz schenkte: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Wenn die Menschen diesen Gedanken stets und immer beherzigt hätten, so wäre kein einziger Krieg möglich gewesen, kein unnützes Todes- oder Mordopfer, keine einzige Ungerechtigkeit auf der ganzen Welt. Hätte die Menschheit die Größe dieses einen bedeutsamen Christussatzes erkannt, wäre unsere Welt in einem völlig anderen Zustand, als es heute der Fall ist. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Wie könnte da noch ein einziger Politiker verhängnisvolle Verträge unterschreiben, die sein Land in Agonie und Verderben führen? Wie könnte er lügen, sein Land, seine Bürger verraten? Er würde es ja schon seinetwegen und mit Blick auf die nachfolgenden Generationen nicht tun können, nähme er nur diesen einen Satz wirklich ernst.

Vor 2014 Jahren erhielt die Menschheit das größte Geschenk, dass der Schöpfer ihr je zu geben bereit war: seinen Sohn. Er sandte ihn auf die verderbende Erde, um zu retten, was noch zu retten war. Doch was war die Antwort? Das Heiligste und Höchste, was der Himmel uns schenkte, wurde gemordet. Kaltblütig, ohne mit der Wimper zu zucken, schlug man Christus ans Kreuz. Das Gewissen der Menschheit, dass erst langsam danach zu verdeutlichen suchte, was wirklich geschehen war, drückte zunehmend. Die belastende Verantwortung der Kirchenfürsten, die für sich seit Gedenken eine Stellvertreterposition des Schöpfers auf Erden beanspruchen und die sehr wohl erkannten, dass es sich um einen Mord, einen klaren Verstoß gegen das fünfte Gebot gehandelt hatte, drehten die Sache einfach um: Die Kreuzigung Jesu wurde ein Riesengeschäft, ein nun schon über zwei Jahrtausende währender Ablasshandel, der die Seelen der Menschen in einen Tiefschlaf versetzte: „Jesus starb für unsere Sünden“, lautet die Grundlage des christlichen Glaubens. Eine Absage an unsere Eigenverantwortung!

Es ist spannend: Die Kirchen scheinen die Auswirkungen dieser verheerenden Botschaft noch immer nicht zu realisieren. Als sei der Schöpfer ein immer nur hinnehmendes Wesen, dass nachsichtig über allen Welten thront, scheint man seine hohe Antwort zu unterschätzen. Doch Gott lässt sich nicht täuschen! Niemand fragt sich wirklich, was hier auf Erden derzeit geschieht: Die Systeme brechen zusammen, weltweit, Kriege, Morde, Lügen, Täuschung, Depression … Doch wer forscht nach der Ursache?

Weihnachten 2014. Stress, Druck, innere Leere. Wer aufmerksam die Entwicklungen verfolgt, wer offenen Blickes nach den Gründen für den Verfall der Menschheit fragt, der darf am Heiligen Abend einmal innehalten. Bei seinem Gebet möge er an den großen Wahrheitsbringer Christus denken. Und was wir Menschen mit ihm gemacht haben.

Frohe Weihnacht.

von Eva Herman