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29.12.2015

IM ZWEITEN LEBENSJAHRE VERKÜNDET EIN ENGEL DER HEILIGEN FAMILIE DEN KINDERMORD HERODES'. — BESCHREIBUNG DIESES EREIGNISSES IN JERUSALEM

Gegen die Mitte des zweiten Lebensjahres Jesu ward die heilige Jungfrau in Heliopolis durch die Erscheinung eines Engels von dem Kindermorde des Herodes unterrichtet. Sie und Joseph wurden sehr betrübt, und das Jesuskind weinte an diesem ganzen Tag — Ich sah aber folgendes.

 

VON DEM KINDERMORDE DES HERODES

Als die heiligen drei Könige nicht zurückkehrten, schlief die Sorge des Herodes, der allerlei Familienhändel hatte, etwas ein, erwachte aber wieder, als er, da die heilige Familie schon einige Zeit in Nazareth war, manche Gerüchte von der Weissagung Simeons und Hannas im Tempel bei Jesu Opferung erfuhr.

Er ließ unter mancherlei Vorwänden Soldaten an verschiedene Orte um Jerusalem, bei Gilgal, Bethlehem und bis Hebron hin legen und befahl, die Zahl der Kinder auszuforschen. Sie lagen wohl an dreiviertel Jahre in diesen Orten. Herodes war unterdessen in Rom 110 und bald nach seiner Rückkehr erst wurden die Kinder ermordet. Johannes war zwei Jahre alt, als es geschah und er war wieder einige Zeit heimlich bei seinen Eltern gewesen. Ehe nun Herodes den Befehl ergehen ließ, dass die Mütter ihre Knäblein bis zum zweiten Jahre alt vor die Obrigkeit bringen sollten, flüchtete Elisabeth, durch die Erscheinung eines Engels gewarnt, mit dem kleinen Johannes wieder in die Wüste. — Jesus war beinahe anderthalb Jahre alt und konnte bereits laufen.

110 Dieses wurde in heftiger Krankheit erzählt; sie erwähnte mancherlei Händel und Reisen in der Familie des Herodes, jedoch sehr unklar. Die Angabe, Herodes sei unterdessen in Rom gewesen, war allein deutlich. Da der Schreiber wohl fünfzehn Jahre nach dieser Mitteilung der Geschichte Herodes' des Großen in dem jüdischen Geschichtsschreiber Josephus nachliest, findet er keine Reise des Herodes um diese Zeit nach Rom erwähnt und weiß daher nicht, welcher Irrtum hier obwaltet. Vielleicht sollte sie sagen: Antipater, ein Sohn des Herodes, war in Rom gewesen, und erst nach dessen Rückkehr geschah der Kindermord.

Die Kinder wurden an sieben verschiedenen Orten ermordet. Den Müttern wurden Belohnungen ihrer Fruchtbarkeit verheißen. Sie brachten ihre Kinder festlich geschmückt aus den Umgegenden in die Amtshäuser dieser Orte. Die Männer wurden zurückgewiesen, die Mütter von den Kindern getrennnt und diese in einsamen geschlossenen Höfen von den Soldaten erstochen, auf Haufen geworfen und dann in Gruben verscharrt.

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Die Schwester Emmerich teilte ihre Betrachtung vom Morde der Unschuldigen Kindlein am

8. März 1821 mit, also um die Jahreszeit der Flucht nach Ägypten, so dass man dieses Ereignis als etwa ein Jahr nach dieser annehmen könnte. Sie sprach:

Heute nach Mittag sah ich die Mütter mit ihren Knaben vom jüngsten bis zu dem zweijährigen aus Hebron, Bethlehem und noch einem Ort, wo Herodes Soldaten hingesendet und später durch dortige Vorgesetzte den Befehl hatte ergehen lassen, nach Jerusalem kommen. Sie kamen in verschiedenen Haufen zur Stadt. Manche hatten zwei Kinder bei sich und ritten auf Eseln. Sie wurden alle in ein großes Gebäude geführt und die sie begleitenden Männer zurückgesendet. Sie zogen alle ganz fröhlich heran, denn sie glaubten eine Belohnung ihrer Fruchtbarkeit zu erhalten.

Das Gebäude war etwas abgelegen, nicht weit von dem nachmaligen Wohnhaus des Pilatus. Es war so umbaut, dass man von außen nicht leicht vernehmen konnte, was darin vorging. Es muss ein Gerichtshaus gewesen sein, denn ich sah in dem Hof steinerne Pfähle und Blöcke, woran Ketten, auch solche Bäume, welche man zusammenband, die Menschen daran fesselte und wieder auseinanderschnallen ließ, um sie zu zerreißen. Es war ein festes und finsteres Gebäude und der Hof schier so groß wie der Kirchhof an der einen Seite der Stadtkirche in Dülmen..

— Ein Tor führte durch zwei Mauern in diesen Hof, der von drei Seiten mit Gebäuden umschlossen war. Links und rechts waren sie einen Stock hoch. Das mittlere Gebäude hatte zwei Stock und glich einer alten wüsten Synagoge. Aus allen drei Gebäuden führten Tore in den Hof.

Man führte die Mütter durch den Hof in die beiden Seitengebäude und sperrte sie hier ein. Es schien mir anfangs, als seien sie in einer Art Spital oder Herberge. Da sie sich nun ihrer Freiheit beraubt sahen, ward ihnen bange, und sie begannen zu weinen und zu wehklagen. In diesem Jammer blieben sie die ganze Nacht.

Am folgenden Tage, am 9. März, erzählte sie: Ich sah heute nach Mittag ein schreckliches Bild. Ich sah in dem Gerichtshaus den Mord der Unschuldigen Kindlein. Das große Hinterhaus, welches den Hof schloß, war zwei Stock hoch, der untere bestand in einer großen wüsten Halle, gleich einem Kerker oder einer großen Wachstube des Gerichtes, im oberen war ein Saal, dessen Fenster in den Hof niedersahen. Ich sah da allerlei Herren wie im Gericht versammelt, es lagen Rollen vor ihnen auf dem Tische. — Ich glaube, Herodes war auch gegenwärtig, denn ich sah einen in einem roten, mit weißem Pelz gefütterten Mantel; an dem Pelz waren schwarze Zöpfchen. Er hatte eine Krone auf. Ich sah ihn, von anderen umgeben, vom Fenster des Saales aus zusehen.

Die Mütter wurden einzeln mit ihren Knaben aus den Seitengebäuden in die große Halle unten im Hintergebäude gerufen. Beim Eintritt wurden ihnen die Kinder von den Kriegsknechten abgenommen und durch das Tor in den Hof gebracht, wo etwa zwanzig beschäftigt waren, sie mit Schwertern und Spießen in den Hals und das Herz stechend zu ermorden. Es waren teils Kinder in Windeln, welche die Mütter noch an der Brust nährten, teils Knäblein in gewirkten langen Röckchen. Sie kleideten sie nicht erst aus, sie stachen sie in Hals und Herz und schleuderten sie, an einem Arm oder Fuß gefaßt, auf einen Haufen hin. Es war ein gräßlicher Anblick.

Die Mütter wurden in der großen Halle von den Soldaten eine zu der anderen zurückgedrängt, und als sie das Schicksal ihrer Kinder merkten, erhoben sie ein gräßliches Geschrei, zerrauften sich die Haare und umklammerten sich einander. Sie standen endlich so gedrängt, dass sie sich kaum rühren konnten. Ich meine, dass Morden dauerte bis gegen Abend.

mir gezeigt, aber ich erinnere mich ihrer nicht mehr bestimmt. Ich meine, es waren 700 und noch eine Zahl, worin 7 oder 17 vorkam. Die Zahl wurde mir mit einem Ausdruck verständlich gemacht, bei welchem ich mich eines Klanges wie Ducen erinnere, ich meine, ich musste zwei c mehrmals zusammenzählen. (Vielleicht hieß es Ducentos?)

Ich war über diesen Anblick höchst entsetzt, ich wußte nicht, wo es geschah, ich glaubte, es sei hier. Als ich erwachte, konnte ich mich erst nach und nach besinnen.

Ich sah in der folgenden Nacht die Mütter, gebunden in einzelnen Haufen, von Soldaten in ihre Heimat zurückführen.

Die Stelle des Kindermordes in Jerusalem war der nachmalige Richthof unweit dem Gerichtshaus des Pilatus, doch zu dessen Zeit etwas verändert. Ich sah bei Christi Tod die Grube der ermordeten Kinder einstürzen, es erschienen ihre Seelen und zogen von dannen.

DER KNABE JOHANNES ABERMALS IN DIE WÜSTE GEFLÜCHTET

Als Elisabeth den kleinen Johannes vor dem Kindermord, nachdem sie durch einen Engel gewarnt worden war, abermals in die Wüste flüchtete, wurde mir folgendes von dieser Begebenheit gezeigt.

Elisabeth suchte lange, bis sie eine Höhle fand, die ihr verborgen genug schien, und blieb nun ungefähr 40 Tage mit dem Knaben. Als sie wieder nach Hause ging, kam ein Essener von der Genossenschaft am Berge Horeb in die Wüste zu dem Knaben und brachte ihm Speise und half ihm in allem Notwendigen. Dieser Essener, dessen Namen ich bereits mehrmals wieder vergessen, war ein Verwandter der Tempelhanna. Er kam anfangs alle acht, später alle vierzehn Tage zu Johannes, bis dieser seiner Hilfe nicht mehr bedurfte. Das währte aber nicht sehr lange, denn er war sehr bald in der Wüste besser zu Haus als bei den Menschen. Er war von Gott bestimmt, außer Berührung mit den Menschen und ihren Sünden unschuldig in der Wüste aufzuwachsen. Gleich Jesu ist er nie in einer Schule gewesen; der heilige Geist hat ihn in der Wüste unterrichtet. Ich sah oft ein Licht oder leuchtende Gestalten wie ein Engel, bei ihm. Diese Wüste war nicht öde und unfruchtbar, es wuchsen viele Kräuter und Stauden, welche mancherlei Beeren trugen, zwischen den Felsen, auch Erdbeeren, welche Johannes vorüberwandelnd pflückte und aß. Er war ungemein vertraut mit den Tieren, besonders mit den Vögeln; sie flogen ihm zu und saßen auf seinen Schultern, er sprach mit ihnen, und sie schienen ihn ganz zu verstehen und waren wie seine Boten. Er wandelte längs den Quellen hin und war ebenso vertraut mit den Fischen, sie nahten ihm, wenn er ihnen rief, und folgten seinem Weg an dem Lauf des Wassers hinauf.

Ich sah, wie er sich jetzt weit von der Heimat entfernte, vielleicht wegen der Gefahr, die ihm drohte. Er war so vertraut mit den Tieren, dass sie ihm dienten und ihn warnten. Sie führten ihn zu ihren Nestern und Lagern, und wenn sich Menschen nahten, floh er mit ihnen in ihre Schlupfwinkel. Er nährte sich von Obst, Beeren, Wurzeln und Kräutern. Er brauchte nicht lange zu suchen; entweder wußte er selbst ihren Standort, oder die Tiere zeigten sie ihm. Er trug immer sein Fell und sein Stäbchen und zog sich von Zeit zu Zeit immer tiefer in die

Wüste, bald nahte er wieder mehr seiner Heimat. Er kam auch ein paarmal mit seinen Eltern zusammen, welche sich immer sehr nach ihm sehnten. Wahrscheinlich mussten sie durch Offenbarung voneinander wissen, denn wenn Elisabeth oder Zacharias ihn sehen wollten, kam er ihnen sehr weit entgegen.