15.02.2016

DER MITTWOCH VOR DEM PASSAHFEST

nach Maria Valtorta

Jesus geht in den Tempel, in dem heute noch mehr Menschen als an den vorhergehenden Tagen sind. Er ist ganz in weiß und trägt ein Leinengewand. Es ist ein schwüler Tag.

Er geht, um im Vorhof der Israeliten anzubeten, und ein Schwarm Leute folgt ihm, während andere schon die besten Plätze in den Säulengängen eingenommen haben; es sind hauptsächlich Heiden, die nicht weiter als in den ersten Vorhof, den Vorhof der Heiden, gehen dürfen und die die Gelegenheit wahrgenommen haben, sich die guten Plätze auszusuchen, während die Hebräer Christus gefolgt sind.

Aber eine zahlreiche Gruppe von Pharisäern treibt sie auseinander. Sie sind immer so arrogant und drängen sich anmaßend vor, um zu Jesus zu gelangen, der sich über einen Kranken beugt. Sie warten, bis dieser geheilt ist, und schicken dann einen Schriftgelehrten zu Jesus, damit er ihn befrage.

Zuvor hat es unter ihnen einen kurzen Streit gegeben, denn Joel, genannt Alameth, will gehen und den Meister befragen. Aber ein Pharisäer widersetzt sich, und die anderen unterstützen ihn mit den Worten: «Nein. Wir wissen, dass du für den Rabbi Partei ergreifst, auch wenn du es nur heimlich tust. Laß Urias gehen...»

«Urias nicht», sagt ein anderer junger Schriftgelehrter, den ich noch nicht kenne. «Die Redeweise des Urias ist zu grob. Er würde die Leute verärgern. Ich gehe.»

Ohne auf die Proteste der anderen zu hören, geht er selbst zum Meister, gerade in dem Augenblick, als Jesus den Kranken entläßt und zu ihm sagt: «Habe Vertrauen. Du bist geheilt. Das Fieber und die Schmerzen werden nicht mehr wiederkehren.»

«Meister, welches ist das größte Gebot im Gesetz?»

Jesus, der ihn im Rücken hat, wendet sich um und schaut ihn an. Das sanfte Licht eines Lächelns erhellt sein Antlitz. Dann erhebt er das Haupt, dass er gesenkt hatte – denn der Schriftgelehrte ist klein und hat sich zudem ehrerbietig verneigt – läßt den Blick über die Menge schweifen, richtet ihn auf die Gruppe der Pharisäer und Lehrer, entdeckt das blasse Gesicht Joels halb verborgen hinter einem dicken, schwammigen Pharisäer und lächelt noch mehr. Das Lächeln ist ein Licht, dass den ehrlichen Schriftgelehrten liebkost. Dann senkt er das Haupt wieder, sieht sein Gegenüber an, und antwortet ihm: «Das größte der Gebote ist: „Höre, Israel: der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Du sollst den Herrn deinen Gott lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit allen deinen Kräften!' Dies ist das erste und höchste Gebot. Das zweite aber ist diesem gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Es gibt keine größeren Gebote als diese. An ihnen hängt das ganze Gesetz und die Propheten.»

«Meister, du hast weise und wahr geantwortet. So ist es. Gott ist ein Einziger, und es gibt keinen anderen Gott außer ihm. Ihn zu lieben aus ganzem Herzen, aus ganzem Verstand, aus ganzer Seele und mit allen Kräften, und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, dass ist weit mehr als jedes Brandopfer und andere Opfer. Ich denke oft daran, wenn ich die Worte Davids betrachte: „Brandopfer gefallen dir nicht; das Gott wohlgefällige Opfer ist ein reuiger Sinn.“»

«Du bist nicht fern vom Reich Gottes, denn du hast begriffen, welches das Gott wohlgefällige Brandopfer ist.»

«Aber welches ist das vollkommenste Opfer?» fragt der Schriftgelehrte rasch und mit leiser Stimme, als würde er ein Geheimnis aussprechen.

Jesus strahlt vor Liebe und läßt diese Perle in das Herz dessen fallen, der für seine Lehre aufgeschlossen ist, für die Lehre des Reiches Gottes; über ihn geneigt sagt er: «Das vollkommenste Opfer ist: jene, die uns verfolgen, wie uns selbst zu lieben und nicht auf Rache zu sinnen. Wer dies tut, wird den Frieden besitzen. Es steht geschrieben: „Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen, und sie genießen die Fülle des Friedens!' Wahrlich, ich sage dir, wer seine Feinde liebt, erreicht die Vollkommenheit und besitzt Gott.»

Der Schriftgelehrte grüßt ihn ehrerbietig und kehrt dann zu seiner Gruppe zurück, die ihn flüsternd tadelt, weil er den Meister gelobt hat. Und voll Zorn fragen sie: «Was hast du ihn im geheimen gefragt? Bist vielleicht auch du von ihm verführt?»

«Ich habe den Geist Gottes durch seinen Mund sprechen gehört.»

«Du bist ein Dummkopf. Glaubst du etwa, dass er der Christus ist?»

«Ich glaube es.»

«Wahrlich, in Bälde werden keine Schriftgelehrten mehr in unseren Schulen sein, sie laufen alle diesem Menschen nach! Aber wieso siehst du in ihm den Christus?»

«Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich fühle, dass er es ist.»

«Verrückter!» Sie drehen ihm beunruhigt den Rücken zu.

Jesus hat das Gespräch beobachtet, und als die Pharisäer in einer geschlossenen Gruppe an ihm vorbeigehen, um sich wütend zu entfernen, ruft er sie und sagt: «Hört mich an. Ich möchte euch etwas fragen. Was haltet ihr von Christus? Wessen Sohn ist er?»

«Er wird der Sohn Davids sein», antworten sie ihm und betonen das «wird», denn sie wollen ihm zu verstehen geben, dass er für sie nicht der Christus ist.

«Und warum nennt ihn dann David im Geist „Herr“ ' wenn er sagt: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: 'Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde als Schemel dir zu Füßen lege'? Wenn also David den Christus „Herr“ nennt, wie kann dann Christus sein Sohn sein?»

Da sie nicht wissen, was sie ihm antworten sollen, entfernen sie sich und schlucken ihr Gift hinunter.

Jesus verläßt die Stelle, an der er bisher gestanden ist und die nun ganz von Sonnenschein überflutet wird. Er begibt sich weiter zu den Eingängen der Schatzkammer, neben dem Raum mit dem Opferkasten. Diese noch schattige Seite des Hofes ist von den Rabbis besetzt, die mit vielen und großen Gesten ihre hebräischen Zuhörer belehren, die im Verlauf der Stunden immer mehr werden, wie auch immer mehr Leute in den Tempel kommen.

Die Rabbis bemühen sich, in ihren Reden die Lehren Jesu der vergangenen Tage oder von heute früh zu widerlegen. Sie erheben die Stimme immer mehr, je größer die Zahl der Zuhörer wird. Der riesige Platz wimmelt von Menschen, die aus allen Richtungen kommen und in alle Richtungen gehen...

Jesus sagt zu mir: «Füge hier die Vision des Scherfleins der Witwe ein. Dann setze die Vision fort.»

Zuerst sehe ich nur Säulengänge und Vorhöfe, die ich als zum Tempel gehörig erkenne, und Jesus, der einem Herrscher gleicht – so feierlich ist er in seinem leuchtend roten Gewand und dem etwas dunkleren Mantel – und an einer riesigen viereckigen Säule lehnt, die einen Bogen der Säulengänge stützt.

Er schaut mich fest an. Ich verliere mich in seiner Betrachtung und beselige mich an seinem Anblick, da ich ihn seit zwei Tagen nicht gesehen und gehört habe. Diese Vision dauert lange. Und solange sie dauert, schreibe ich nicht, denn sie erfüllt mich mit Freude. Aber nun, da die Szene sich belebt, verstehe ich, dass etwas geschieht, und schreibe.

Der Platz füllt sich mit Menschen, die aus allen Richtungen kommen. Es sind Priester und Gläubige, Männer, Frauen und Kinder. Die einen gehen spazieren, andere bleiben stehen, um den Lehrern zuzuhören, wieder andere ziehen Lämmer hinter sich her oder tragen Tauben irgendwohin, vielleicht Opfertiere.

Jesus steht an seine Säule gelehnt und schaut. Er sagt nichts. Zweimal schon hat er auf Fragen seiner Apostel nur mit einem Kopfschütteln geantwortet, ohne ein Wort zu sagen. Er beobachtet sehr aufmerksam. Aus seinem Ausdruck schließe ich, dass er ein Urteil fällt über das, was er sieht. Seine Augen und sein Antlitz erinnern mich an die Vision des Paradieses, als er beim besonderen Gericht die Seelen richtete. Nun ist er natürlich Jesus, der Mensch; dort oben war er der verherrlichte Jesus und deshalb noch beeindruckender. Aber der Gesichtsausdruck ist ähnlich. Er ist ernst, prüfend, manchmal so streng, dass auch der Frechste erzittern muss, und manchmal so sanft, von einer lächelnden Traurigkeit, die mit Blicken zu liebkosen scheint.

Anscheinend hört er nichts. Aber er muss wohl alles genau hören, denn als sich aus einer Gruppe, die einige Meter entfernt um einen Lehrer versammelt ist, eine näselnde Stimme erhebt und erklärt: «Wichtiger als jedes andere Gebot ist dieses: Was für den Tempel ist, soll dem Tempel gegeben werden. Der Tempel steht über dem Vater und der Mutter, und wenn jemand dem Herrn zu Ehren alles geben will, was er übrig hat, so soll er es tun, und er wird gesegnet sein, denn kein Blut und keine Liebe steht über dem Tempel», da wendet Jesus sein Haupt in diese Richtung und schaut mit einem Blick... den ich nicht auf mich gerichtet sehen wollte.

Er scheint jetzt nur allgemein umherzuschauen. Doch als ein zitternder Greis sich bemüht, die fünf Stufen zu einer Art Terrasse hinaufzusteigen, die sich in der Nähe Jesu befindet und wohl zu einem anderen, weiter innen liegenden Vorhof führt, und beim Aufsetzen des Stockes, der sich in den Kleidern verfängt, beinahe fällt, streckt Jesus seinen Arm aus und fängt ihn auf. Er stützt ihn und läßt ihn nicht los, bis er wieder sicher auf den Beinen steht. Das alte Männchen erhebt sein graues Haupt, sieht seinen hochgewachsenen Retter an und flüstert ein Wort des Segens. Jesus lächelt ihm zu und liebkost seinen halb kahlen Kopf. Dann lehnt er sich wieder an seine Säule, verläßt sie aber noch einmal, um ein Kind aufzurichten, dass sich von der Hand der Mutter losgemacht hat, gerade vor seinen Füßen gegen die erste Stufe gefallen ist und weint. Er hebt es auf, liebkost es, tröstet es. Die verwirrte Mutter dankt ihm, und Jesus lächelt auch ihr zu und gibt ihr das Kind zurück.

Aber er lächelt nicht mehr, als ein aufgeblasener Pharisäer vorübergeht, und auch nicht, als eine Gruppe von Schriftgelehrten und anderen

Männern – ich weiß nicht, wer sie sind – vorbeikommt. Diese Gruppe grüßt ihn mit großen Gesten und tiefen Verbeugungen. Jesus schaut sie so fest an, als wolle er sie mit seinem Blick durchbohren, und grüßt sie trocken. Er ist streng. Auch einen Priester, der vorbeikommt und ein hohes Tier sein muss, da die Leute den Weg freigeben und ihn grüßen, während er selbst wie ein Pfau vorbeistolziert, sieht Jesus lange an. Mit einem Blick, der diesen trotz seines Hochmuts den Kopf senken läßt. Er grüßt nicht. Aber er kann dem Blick Jesu nicht standhalten.

Jesus wendet die Augen von ihm ab und beobachtet ein armes, dunkelbraun gekleidetes Frauchen, dass verschämt die Stufen hinaufsteigt zu einer Wand, an der sich etwas wie Löwen- oder ähnliche Tierköpfe mit offenen Mäulern befinden. Viele gehen dorthin. Doch Jesus scheint bisher nicht darauf geachtet zu haben. Nun blickt er aufmerksam diesem Weiblein nach. Sein Auge drückt Mitleid aus und wird liebevoll, als er sieht, wie die Frau eine Hand ausstreckt, um etwas in das steinerne Maul eines dieser Löwen zu werfen. Als die Frau zurückkommt und nahe an ihm vorbeigeht, sagt er: «Der Friede sei mit dir, Frau.»

Diese erhebt erstaunt den Kopf und ist sprachlos.

«Der Friede sei mit dir», wiederholt Jesus. «Geh, der Allerhöchste segnet dich.» Die arme Frau kann es gar nicht fassen. Dann flüstert sie einen Gruß und geht.

«Sie ist glücklich in ihrem Unglück», sagt Jesus und bricht endlich sein Schweigen. «Nun ist sie glücklich, denn der Segen Gottes begleitet sie. Hört, Freunde, und ihr, die ihr mich umgebt. Seht ihr diese Frau? Sie hat nur zwei kleine Münzen gegeben, nicht einmal genug, um dafür Futter für einen Sperling im Käfig zu kaufen, und doch hat sie mehr gegeben als alle anderen, die ihren Beitrag in den Tempelschatz geworfen haben, seit der Tempel bei Sonnenaufgang geöffnet wurde.

Hört. Ich habe eine große Anzahl reicher Leute beobachtet, die in die Mäuler dort Geldmengen geworfen haben, die ausreichen würden, diese Arme ein Jahr lang zu ernähren und ihre Armut zu kleiden, die nur deshalb anständig aussieht, weil sie sauber ist. Ich habe gesehen, wie Reiche mit sichtlicher Genugtuung Summen dort hineingelegt haben, die ausgereicht hätten, die Armen der Heiligen Stadt einen oder mehrere Tage satt zu machen und Gott preisen zu lassen. Aber wahrlich, ich sage euch, niemand hat mehr gegeben als sie. Ihr Almosen ist Liebe, dass der anderen nicht. Ihres ist Großmut, dass der anderen nicht. Ihres ist Opfer, dass der anderen nicht. Heute wird die Frau nichts essen, denn sie hat nichts mehr. Sie muss erst wieder um Lohn arbeiten, um ihren Hunger mit Brot stillen zu können. Sie hat keine Reichtümer und sie hat keine Verwandten, die für sie verdienen. Sie ist allein. Gott hat ihr die Eltern, den Mann und die Kinder genommen, er hat ihr das wenige genommen, was diese ihr hinterlassen hatten, und mehr als Gott haben es ihr die Menschen genommen; diese Menschen, die nun, ihr seht es, weiterhin mit großmütiger Geste von ihrem Überfluß dort hineinwerfen, den sie zu einem guten Teil durch Wucher den armen Händen der Schwachen und Hungernden entrissen haben. Sie sagen, es gibt kein Blut und keine Liebe, die höher stehen als der Tempel, und so lehren sie, den Nächsten nicht zu lieben. Ich sage euch, über dem Tempel steht die Liebe. Das Gesetz Gottes ist die Liebe, und wer kein Mitleid mit dem Nächsten hat, liebt nicht. Das überflüssige Geld, dass von Wucher, Habgier, Härte und Heuchelei beschmutzte Geld singt nicht das Lob des Herrn und zieht auf seinen Spender den himmlischen Segen nicht herab. Gott lehnt es ab. Es füllt diese Kasse. Aber es taugt nicht für den Weihrauch. Es ist Schlamm, in dem ihr versinkt, ihr Diener, die ihr nicht Gott, sondern den eigenen Interessen dient. Es ist ein Strick, der euch erdrosselt, ihr Lehrer, die ihr eure eigene Lehre lehrt. Es ist Gift, dass euch den Rest der Seele verdirbt, ihr Pharisäer, der euch noch geblieben ist. Gott will nicht, was übrig bleibt. Ihr seid nicht Kain. Gott will nicht, was Frucht der Hartherzigkeit ist. Gott will nicht, was mit tränenerstickter Stimme schreit: „Ich hätte einen Hungernden sättigen sollen, aber man hat mich ihm verweigert, um hier zu prahlen. Ich hätte einem alten Vater, einer hinfälligen Mutter helfen sollen, und man hat es nicht gestattet, da diese Hilfe vor der Welt verborgen geblieben wäre. Ich muss meine Glocke ertönen lassen, damit die Welt den Geber erkennt.“ Nein, Rabbi, der du lehrst, dass der Überfluß Gott gegeben werden soll, und dass es erlaubt ist, dem Vater oder der Mutter etwas vorzuenthalten, um es Gott zu geben. Das erste Gebot ist: „Liebe Gott mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele, deinem ganzen Verstand und deinen ganzen Kräften.“ Daher muss man ihm nicht den Überfluß, sondern das eigene Blut geben, und man soll es lieben, für ihn zu leiden. Leiden. Nicht leiden machen. Und wenn es schwerfällt, viel zu geben, weil man sich nicht gerne von seinem Reichtum trennt, weil die Schätze der Mittelpunkt des von Natur aus lasterhaften Menschenherzens sind, dann muss man sich von ihnen trennen, gerade weil es schwerfällt. Aus Gerechtigkeit: denn alles, was man besitzt, besitzt man durch die Güte Gottes. Aus Liebe: denn es ist ein Beweis der Liebe, dass Opfer zu lieben, um dem Freude zu schenken, den man liebt. Man soll leiden, um schenken zu können. Aber selbst leiden! Nicht leiden machen, ich wiederhole es. Denn das zweite Gebot heißt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Das Gesetz erklärt, dass nach Gott die Eltern die Nächsten sind, denen man verpflichtet ist, Ehre und Hilfe zu erweisen. Daher sage ich euch, diese arme Frau hat das Gesetz wahrhaft besser verstanden als die Weisen und ist mehr als alle anderen gerechtfertigt und gesegnet; denn in ihrer Armut hat sie Gott alles gegeben, während ihr gebt, was übrig bleibt, und es nur gebt, um in der Achtung der Menschen zu steigen. Ich weiß, dass ihr mich haßt, weil ich so spreche. Aber solange dieser Mund sprechen kann, wird er solche Worte sprechen. Vereinigt euren Haß auf mich mit der Verachtung für die Arme, die ich lobe. Aber glaubt nicht, dass ihr aus diesen beiden Steinen ein doppeltes Postament für euren Hochmut errichten könnt. Sie werden die Mühlsteine sein, die euch zermalmen.

Gehen wir. Lassen wir die Vipern einander beißen, um ihr Gift zu vermehren. Wer rein, gut, demütig und zerknirscht ist und das wahre Antlitz Gottes kennenlernen will, soll mir folgen.»

Jesus sagt:

«Und du, die du nichts mehr hast, weil du mir alles gegeben hast, gib mir diese beiden letzten Geldstückchen. Gegenüber dem Vielen, dass du gegeben hast, erscheinen sie Außenstehenden als ein Nichts. Aber für dich, die du nichts mehr hast als sie, sind sie alles. Lege sie in die Hand deines Herrn und weine nicht. Weine wenigstens nicht allein. Weine mit mir, denn ich bin der einzige, der dich verstehen kann, und der dich versteht ohne die Nebel des Menschlichen, die Interessen, die immer das Wahre verschleiern.»

Apostel, Jünger und Volk folgen ihm, als Jesus wieder zur ersten Umfassungsmauer zurückkehrt, die beinahe an der Tempelmauer liegt, denn dort ist es etwas kühler an diesem drückend heißen Tag. Dort ist der Boden aufgewühlt von den Hufen der Tiere und von Steinen bedeckt, die die Händler und Geldwechsler benutzen, um ihre Umzäunungen und Zelte zu befestigen. Aber die Rabbis von Israel sind dort nicht, denn sie haben zwar erlaubt, dass im Tempel Handel getrieben wird, aber sie muten es den Sohlen ihrer Sandalen nicht zu, dorthin zu gehen, wo noch die Spuren der Vierfüßler zu sehen sind, die man erst vor einigen Tagen vertrieben hat...

Jesus empfindet keinen Ekel und flüchtet sich an diesen Ort, umgeben von zahlreichen Zuhörern. Doch bevor er zu reden beginnt, ruft er seine Apostel zu sich und sagt: «Kommt und hört gut zu. Gestern wolltet ihr vieles wissen, was ich nun sagen werde, während ich es gestern nur andeuten konnte, als wir uns im Garten des Joseph ausgeruht haben. Seid also aufmerksam, denn es sind wichtige Lehren für alle, und besonders für euch, meine Stellvertreter und Nachfolger.

Hört. Auf den Lehrstuhl des Moses setzten sich zur rechten Zeit Schriftgelehrte und Pharisäer. Es waren traurige Zeiten für das Vaterland. Nachdem das Exil in Babylon zu Ende und die Nation dank der Großmut des Cyrus wieder aufgebaut war, erkannten die Führer des Volkes die Notwendigkeit, auch den Kult und die Kenntnis des Gesetzes wiederherzustellen. Denn wehe dem Volk, dem sie nicht zu seiner Verteidigung, Leitung und Stütze zur Verfügung stehen gegen die mächtigsten Feinde einer Nation, nämlich die Unmoral der Bürger, die Auflehnung gegen die Oberhäupter, die Zwietracht zwischen den verschiedenen Klassen und Parteien, die Sünden wider Gott und den Nächsten und die Religionslosigkeit, alles an sich schon zersetzende Elemente, die auch noch die Strafe des Himmels herausfordern!

So machten sich die Schriftgelehrten oder Gesetzeskundigen daran, dass Volk zu belehren, dass sich noch der chaldäischen Sprache aus der Zeit des harten Exils bediente und die in reinem Hebräisch geschriebenen Schriften nicht mehr verstand. Die Priester kamen ihnen zu Hilfe, obwohl auch ihre Zahl nicht groß genug war, um die Aufgabe zu meistern, dass Volk zu unterweisen. Somit war das zusätzliche Vorhandensein gebildeter Laien gerechtfertigt, die sich der Ehre Gottes widmeten, Kenntnis von ihm zu den Menschen und die Menschen zu ihm brachten und hierdurch viel Gutes bewirkten. Denn, merkt es euch alle, selbst Dinge, die durch die menschliche Schwäche später einen Niedergang erleben, wie es hier im Laufe der Jahrhunderte geschah, haben immer auch etwas Gutes an sich und zumindest anfänglich ihren Daseinsgrund. Und daher läßt der Allerhöchste zu, dass sie entstehen und fortbestehen, und er zerstört sie nicht, bis das Maß ihrer Verkommenheit voll ist.

Aus einer Umwandlung der Asidäer ging dann die andere Sekte, die der Pharisäer, hervor. Sie sahen ihre Aufgabe darin, durch strengste Moral und striktesten Gehorsam das Gesetz des Moses hochzuhalten und den freiheitlichen Geist des Volkes zu stärken. Denn in der Zeit des Antiochus Epiphanes hatte sich, unter Druck und durch Verführung, die hellenistische Partei gebildet. Diese Verführung ging aber bald über in die Verfolgung all derer, die dem Druck dieses Listigen nicht nachgaben, der mehr auf den Verlust des Glaubens in den Herzen als auf seine Waffen vertraute, um uns zu Knechten zu machen und unser Vaterland zu unterwerfen.

Vergeßt auch das nie: Fürchtet mehr die leichtfertigen Bündnisse und die Schmeicheleien eines Fremden als dessen Legionen. Denn wenn ihr den Gesetzen Gottes und des Vaterlandes treu seid, werdet ihr siegen, auch wenn ihr von mächtigen Heeren eingeschlossen seid. Wenn euch aber das Gift verdorben hat, dass euch der Fremde wie berauschenden Honig in geheimer Absicht einträufelt, wird Gott euch um eurer Sünden willen verlassen, und ihr werdet besiegt und unterworfen werden, auch ohne dass der falsche Kampfgenosse sich mit dem Blut eurer Heere befleckt. Wehe dem, der nicht gleich einem aufmerksamen Wachposten auf der Hut ist und sich gegen die raffinierte Bosheit eines verschlagenen und falschen Nachbarn oder Bundesgenossen oder Herrschers zur Wehr setzt. Denn dessen Herrschaft beginnt bei den Einzelnen; er betört ihre Herzen und verdirbt sie durch fremde, unheilige Sitten und Gebräuche, so dass ihnen der Herr sein Wohlwollen entzieht. Wehe! Denkt alle an die Folgen, die es für das Vaterland hatte, dass einige seiner Söhne Sitten und Gebräuche des Fremden annahmen, um sich bei ihm einzuschmeicheln und angenehm zu leben. Die Liebe zu allen ist etwas Gutes, auch zu Völkern, die nicht unseres Glaubens sind, unsere Bräuche nicht haben und uns jahrhundertelang geschadet haben. Aber die Liebe zu diesen Völkern, die trotz allem unsere Nächsten sind, darf niemals dazu führen, dass wir das Gesetz Gottes und das Vaterland verleugnen, um so einen Vorteil von ihnen zu erlangen. Nein, die Fremden verachten sogar jene, die sklavisch sind bis zur Verleugnung der heiligsten Dinge des Vaterlandes. Nicht durch Verleugnung von Vater und Mutter, von Gott und Vaterland, erlangt man Achtung und Freiheit.

Es war also gut, dass zur rechten Zeit die Pharisäer mit ihrem Werk begannen, einen Deich aufzurichten gegen die schmutzige Flut fremder Sitten und Bräuche. Ich wiederhole: Jede Sache, die entsteht und fortdauert, hat ihren Daseinsgrund. Sie muss geachtet werden um dessentwillen, was sie getan hat, wenn schon nicht um dessentwillen, was sie tut. Denn wenn sie nun auch schuldig ist, so steht es den Menschen doch nicht zu, sie zu beleidigen, und noch weniger, sie zu strafen. Das darf nur einer: Gott und der, den er gesandt hat und der das Recht und die Pflicht hat, seinen Mund zu öffnen und eure Augen zu öffnen, damit ihr die Gedanken des Allerhöchsten erkennt und danach handelt. Ich und kein anderer. Ich, denn ich spreche im Auftrag Gottes. Ich, denn ich darf sprechen. Denn in mir sind nicht die Sünden, an denen ihr bei Schriftgelehrten und Pharisäern Anstoß nehmt, die ihr aber selbst begeht, wenn ihr Gelegenheit dazu habt.»

Jesus hat langsam zu sprechen begonnen und seine Stimme nach und nach erhoben. Bei diesen letzten Worten ist sie mächtig wie ein Trompetenstoß.

Hebräer und Heiden hören gespannt und aufmerksam zu. Wenn die ersteren Beifall spenden, als Jesus vom Vaterland spricht und offen die Fremden beim Namen nennt, von denen sie unterworfen wurden und unter denen sie zu leiden hatten, so bewundern die anderen seine Redekunst und beglückwünschen sich, bei diesem Vortrag anwesend zu sein, der eines großen Redners würdig ist, wie sie sagen.

Jesus senkt nun wieder die Stimme und fährt fort: «Dies habe ich euch gesagt, um euch daran zu erinnern, weshalb es Schriftgelehrte und Pharisäer gibt, wie und weshalb sie sich auf den Lehrstuhl des Moses gesetzt haben, und wie und warum sie reden und ihre Worte nicht wertlos sind. Tut also, was sie euch sagen. Aber ahmt ihre Werke nicht nach. Denn sie sagen, dass man sich auf eine bestimmte Art verhalten soll, tun dann aber selbst nicht, was man tun muss. In der Tat, sie lehren die Gesetze der Menschlichkeit des Pentateuch, aber dann bürden sie anderen schwere, untragbare, unmenschliche Lasten auf, während sie selbst keinen Finger rühren, um diese Lasten anzufassen, geschweige denn, sie zu tragen.

Ihre Lebensregel ist, so zu handeln, dass sie gesehen und zur Kenntnis genommen werden und für ihre Werke Beifall erhalten; und sie tun sie so, dass sie dabei bemerkt und gelobt werden. Sie fehlen gegen das Gesetz der Liebe, denn sie ziehen es vor, sich abzusondern und verachten jene, die nicht zu ihrer Sekte gehören; sie nehmen den Titel eines Meisters für sich in Anspruch und verlangen eine Verehrung von ihren Schülern, wie sie sie nicht einmal Gott erweisen. Für Götter halten sie sich in ihrer Weisheit und Macht, wollen in den Herzen ihrer Schüler mehr gelten als Vater und Mutter, betrachten ihre Lehre als der Lehre Gottes überlegen und verlangen deren buchstabengetreue Ausführung; und dies auch, wenn es sich dabei um eine Verfälschung des wahren Gesetzes handelt, dem das ihre um so vieles unterlegen ist wie dieser Berg hier dem Großen Hermon, der ganz Palästina überragt. Und sie sind Häretiker, und wie die Heiden glauben manche von ihnen an die Seelenwanderung und an die Vorherbestimmung, während die anderen bestreiten, was die einen sagen; und so leugnen sie eigentlich, wenn auch nicht ausdrücklich das, was Gott zu glauben verlangt; der einzige Gott, dem Verehrung gebührt, und der Vater und Mutter an die zweite Stelle nach ihm gesetzt hat, denen man somit mehr Gehorsam schuldet als einem Meister, der nicht Gott ist. Wenn ich euch nun sage: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist nicht würdig, in das Reich Gottes einzugehen“, so heißt dies nicht, dass ihr die Eltern nicht lieben sollt. Ihr schuldet ihnen Achtung und Hilfe und dürft ihnen nicht die Unterstützung verweigern, indem ihr sagt: „Das Geld gehört dem Tempel“ ' oder die Wohnung, indem ihr sagt: „Mein Amt verbietet mir dies“, oder das Leben, indem ihr sagt: „Ich töte dich, weil du den Meister liebst“, sondern es heißt, dass ihr die richtige Liebe zu den Eltern haben sollt, also eine geduldige und in der Duldsamkeit starke Liebe, die zu wählen versteht zwischen meinem Gebot und dem familiären Egoismus, der familiären Bindung; eine Liebe, die sich nicht in Haß verwandelt, wenn die Eltern sündigen und Schmerz bereiten, da sie euch nicht auf dem Weg des Lebens, meinem Weg, folgen. Liebt die Eltern und gehorcht ihnen in allem, was heilig ist. Aber seid bereit zu sterben, nicht zu töten, sondern zu sterben, wenn sie euch dazu bringen wollen, eure Berufung durch Gott zu Bürgern des Reiches Gottes, dass zu gründen ich gekommen bin, zu verraten.

Ahmt nicht die Schriftgelehrten und Pharisäer nach, die untereinander uneins sind und nur so tun, als seien sie einig. Ihr, Jünger des Christus, sollt wirklich eins sein. Die Vorgesetzten seien gut zu den Untergebenen und die Untergebenen gut zu ihren Herren, eins in der Liebe und im Ziel eurer Einigkeit: mein Reich zu erwerben und zu meiner Rechten zu stehen beim letzten Gericht. Denkt daran, dass ein geteiltes Reich kein Reich mehr ist und nicht bestehen kann. Seid daher einig untereinander in der Liebe zu mir und meiner Lehre. Merkmale des Christen – denn das wird der Name meiner Untergebenen sein – seien Liebe und Einigkeit, Gleichförmigkeit in der Kleidung, gemeinsamer Besitz und Brüderlichkeit in den Herzen. Alle für einen, einer für alle.

Wer hat, soll demütig geben. Wer nichts hat, soll demütig nehmen und demütig seine Bedürfnisse den Brüdern mitteilen. Die Brüder sollen liebevoll die Bedürfnisse der Brüder anhören und sich wirklich als Brüder fühlen. Erinnert euch, dass euer Meister oft Hunger, Kälte und tausend andere Nöte und Unannehmlichkeiten erleiden musste und sie demütig den Menschen genannt hat, er, dass Wort Gottes. Erinnert euch, dass der Barmherzige belohnt wird, sogar für einen Schluck Wasser. Erinnert euch, geben ist seliger denn nehmen. In diesen drei Erinnerungen soll der Arme die Kraft finden, zu bitten, ohne sich gedemütigt zu fühlen, da er weiß, dass ich es vor ihm getan habe; und zu verzeihen, wenn er abgewiesen wird, da er weiß, dass dem Menschensohn oft der Platz und die Speise verweigert wurden, die man dem Wachthund der Herde gibt. Der Reiche soll großmütig werden und seine Reichtümer verschenken, wenn er daran denkt, dass das schnöde Geld, der verabscheuenswerte, ihm von Satan eingeflüsterte Mammon, der die Ursache von neun Zehnteln allen Unglücks in der Welt ist, sich in eine unsterbliche Perle des Paradieses wandelt, wenn er mit Liebe gegeben wird.

Bekleidet euch mit euren Tugenden. Sie sollen groß, aber nur Gott allein bekannt sein. Macht es nicht wie die Pharisäer. Sie machen ihre Gebetsriemen breit und ihre Mantelquasten lang. Sie lieben die ersten Sitze in den Synagogen und die Begrüßungen auf den Marktplätzen und dass sie von den Leuten Rabbi genannt werden. Einer nur ist der Meister: Christus. Ihr, die ihr die neuen Lehrer der Zukunft sein werdet... ich meine euch, meine Apostel und Jünger – denkt daran, dass ich allein euer Meister bin. Ich werde es sein, auch wenn ich nicht mehr unter euch bin, denn nur die Weisheit kann belehren. Laßt euch daher nicht Meister nennen, denn ihr selbst werdet immer Schüler sein.

Verlangt nicht und gebt nicht den Namen Vater irgend jemandem auf der Welt, denn nur einer ist der Vater aller: euer Vater, der im Himmel ist. Diese Wahrheit soll euch weise machen, so dass ihr euch wahrhaft als Brüder fühlt, sowohl jene, die führen, als auch jene, die geführt werden, und euch als gute Brüder liebt. Auch soll sich keiner von den Führenden Lehrer nennen lassen, denn ihr habt nur einen, der euch alle lehrt: Christus. Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Es ist keine Demütigung, Diener der Diener Gottes zu sein, sondern es bedeutet mich nachzuahmen, der ich sanft und demütig war und immer bereit, meine Brüder im Fleisch Adams zu lieben und ihnen mit meiner Macht als Gott zu helfen. Ich habe das Göttliche nicht gedemütigt, weil ich den Menschen gedient habe. Denn der wahre König ist, wer nicht so sehr die Menschen, sondern vielmehr die Leidenschaften der Menschen beherrscht, vor allem den törichten Stolz. Denkt daran: Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden, und wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden.

Die Frau, von der der Herr in der Genesis spricht, die Jungfrau, von der Isaias spricht, die Jungfrau – die Jungfrau-Mutter des Emmanuel – hat diese Wahrheit der neuen Zeit prophezeit und gesungen: „Der Herr hat die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Niedrigen erhöht.“ Die Weisheit Gottes sprach durch den Mund jener, die die Mutter der Gnade und der Sitz der Weisheit war. Und ich wiederhole die inspirierten Worte, die mich mit dem Vater und dem Heiligen Geist in unseren wunderbaren Werken priesen, als ich, der Mensch, mich im Schoß der unversehrten Jungfrau bildete, ohne dabei aufzuhören, Gott zu sein. Sie sollen Norm für alle sein, die Christus in ihren Herzen tragen und ins Himmelreich gelangen wollen. Es wird keinen Jesus und Erlöser, keinen Christus und Herrn und kein Reich des Himmels für jene geben, die stolz, unzüchtig und Götzendiener sind und sich selbst und ihren Willen anbeten.

Daher wehe euch, ihr Schriftgelehrten und heuchlerischen Pharisäer! Ihr glaubt, mit euren unmöglich zu befolgenden Vorschriften – die tatsächlich ein unüberwindliches Hindernis für die meisten Menschen wären, wenn sie von Gott bestätigt würden – ihr glaubt, dass Reich des Himmels vor den Menschen verschließen zu können, die ihren Geist zu ihm erheben, um in ihren leidvollen irdischen Tagen Kraft zu finden! Wehe euch, die ihr nicht hineinkommt, nicht hineinkommen wollt, da ihr das Gesetz des himmlischen Reiches nicht annehmt und die anderen nicht hineinlaßt, die vor der Türe stehen, die ihr unnachsichtig mit Schlössern verschließt, die Gott nicht angebracht hat.

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und heuchlerischen Pharisäer! Ihr zehrt die Habe der Witwen auf und verrichtet zum Schein lange Gebete. Dafür erwartet euch ein strenges Gericht!

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und heuchlerischen Pharisäer! Denn ihr reist über Meer und Land und verbraucht fremden Besitz, um einen einzigen Proselyten zu machen, und wenn er es geworden ist, dann macht ihr aus ihm einen Sohn der Hölle, doppelt wie ihr.

Wehe euch, blinde Führer, die ihr sagt: „Wenn einer beim Tempel schwört, dann gilt sein Eid nicht, aber wenn er auf das Gold des Tempels schwört, dann ist er durch seinen Schwur gebunden.“ Ihr Toren und Blinden! Was ist denn größer? Das Gold oder der Tempel, der das Gold heiligt? Was heißt: „Wenn einer beim Altar schwört, dann hat sein Eid keinen Wert, aber wenn er auf die Gabe schwört, die auf dem Altar liegt, dann ist sein Eid gültig und er ist seinem Eid verpflichtet.“ Ihr Blinden! Was ist denn größer? Die Gabe oder der Altar, der die Gabe heiligt? Wer also beim Altar schwört, der schwört bei ihm und allem, was darauf liegt, und wer beim Tempel schwört, der schwört bei ihm und bei dem, der darin wohnt. Und wer beim Himmel schwört, schwört beim Thron Gottes und bei dem, der darauf sitzt.

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und heuchlerischen Pharisäer! Ihr gebt den Zehnten von Minze und Raute, von Anis und Kümmel, aber die wichtigsten Vorschriften des Gesetzes schiebt ihr beiseite: die Gerechtigkeit, die Barmherzigkeit und die Treue. Das sind die Tugenden, die man haben muss, ohne die anderen kleinen Dinge zu vernachlässigen! Ihr blinden Führer, ihr seiht die Getränke aus Furcht euch anzustecken, wenn ihr eine kleine ertrunkene Mücke verschluckt, und dann verschlingt ihr ein Kamel, ohne euch deswegen unrein zu fühlen. Wehe euch, Schriftgelehrte und heuchlerische Pharisäer! Ihr reinigt das Äußere von Becher und Schüssel, innen aber seid ihr voll Raub und Unmäßigkeit. Blinder Pharisäer, reinige zuerst, was im Becher und in der Schüssel ist, damit auch das Äußere rein werde.

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und heuchlerischen Pharisäer! Wie Nachtvögel benutzt ihr die Finsternis für eure sündigen Werke, und im Dunkeln paktiert ihr mit Heiden, Räubern und Verrätern, um dann am Morgen, nachdem ihr die Spuren eurer verborgenen Machenschaften getilgt habt, in schönen Gewändern zum Tempel hinaufzugehen.

Wehe euch, die ihr die Gebote der Liebe und der Gerechtigkeit lehrt, die im Leviticus enthalten sind, und dann gierig, räuberisch, verlogen, verleumderisch, ungerecht, rachsüchtig und gehässig seid und sogar tötet, wenn euch jemand stört, selbst wenn es euer eigenes Blut ist; ihr verstoßt die Jungfrau, die eure Frau geworden ist, und die Kinder, die sie euch geschenkt hat, weil sie unglücklich sind. Ihr klagt eure Frau des Ehebruchs oder einer unreinen Krankheit an, weil sie euch nicht mehr gefällt und ihr euch ihrer entledigen wollt, ihr, deren unzüchtige Herzen unrein sind, auch wenn es vor den Menschen, die eure Werke nicht kennen, nicht so zu sein scheint. Ihr gleicht getünchten Gräbern, die außen schön, innen aber voll sind von Totengebein und aller Unreinheit. So auch ihr. Ja. So! Äußerlich scheint ihr gerecht, aber innerlich seid ihr übervoll von Heuchelei und Ungerechtigkeit.

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und heuchlerischen Pharisäer! Ihr baut den Propheten prachtvolle Gräber und schmückt die Grabmäler der Gerechten und sagt: „Hätten wir in den Tagen unserer Väter gelebt, wir hätten uns nicht schuldig gemacht am Blut der Propheten.“ Und so stellt ihr euch selbst das Zeugnis aus, dass ihr Söhne der Prophetenmörder seid. Und im übrigen macht ihr das Maß eurer Väter voll... Ihr Schlangen, ihr Natterngezücht, wie wollt ihr dem Gericht der Hölle entrinnen?

Daher sage ich, dass Wort Gottes, euch: Ich, Gott, werde euch neue Propheten, Weise und Schriftgelehrte schicken. Einige von ihnen werdet ihr töten, einige kreuzigen, einige in euren Gerichtshöfen und euren Synagogen und außerhalb eurer Mauern geißeln, und einige werdet ihr von Stadt zu Stadt verfolgen, damit nicht über euch alle das gerechte Blut komme, dass auf die Erde ausgegossen wurde, vom Blut Abels, des Gerechten, bis zum Blut des Zacharias, des Sohnes des Barachias, den ihr getötet habt zwischen dem Vorhof und dem Altar, weil er euch aus Liebe zu euch eure Sünden vorgehalten hat, damit ihr sie bereut und zum Herrn zurückkehrt.

So ist es. Ihr haßt jene, die euer Bestes wollen und euch liebevoll auf die Wege Gottes zurückrufen.

Wahrlich, ich sage euch, alles wird so kommen. Sowohl das Verbrechen als auch die Folgen. Wahrlich, ich sage euch, dies alles wird über dieses Geschlecht kommen.

0 Jerusalem! Jerusalem! Jerusalem, du steinigst, die zu dir gesandt sind, und tötest deine Propheten! Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt; aber du hast nicht gewollt!

So höre, o Jerusalem! So hört, ihr alle, die ihr mich haßt und alles haßt, was von Gott kommt. So hört, ihr, die ihr mich liebt und auch mit von der Strafe betroffen sein werdet, die für die Verfolger des Messias Gottes bestimmt ist. Hört auch ihr, die ihr nicht aus diesem Volk seid, mir aber trotzdem zuhört, hört, damit ihr wißt, wer der ist, der zu euch spricht und weissagt, ohne erst den Flug und den Gesang der Vögel, die Zeichen des Himmels oder die Eingeweide geopferter Tiere, die Flamme und den Rauch der Brandopfer befragen zu müssen; denn die Zukunft ist für den, der zu euch spricht, Gegenwart. „Euer Haus wird euch verödet überlassen werden. Ich sage euch, spricht der Herr, von nun an werdet ihr mich nicht mehr sehen, bis auch ihr ruft: 'Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.“'»

Jesus ist sichtlich müde und erhitzt. Sowohl von der Anstrengung der so langen und lauten Rede, als auch von der durch kein Lüftchen gekühlten Schwüle des Tages. Die Menge drückt ihn an die Mauer, Tausende von Augen durchbohren ihn, und er fühlt den ganzen Haß, der ihm unter den Säulengängen des Vorhofs der Heiden zuhört, und die ganze Liebe oder wenigstens Bewunderung, die ihn umgibt trotz der Sonne, die auf die Rücken und die roten, verschwitzten Gesichter brennt; er scheint wirklich erschöpft und ruhebedürftig. Und er sucht Ruhe, denn er sagt zu seinen Aposteln und den Zweiundsiebzig, die sich langsam durch die Menge gedrängt haben, nun ganz vorne stehen und eine Schranke treuer Liebe um ihn bilden: «Wir wollen den Tempel verlassen und ins Freie unter die Bäume gehen. Ich brauche Schatten, Ruhe und Kühle. Wahrlich, dieser Ort scheint schon zu brennen im Feuer des himmlischen Zorns.»

Sie bahnen ihm mit Mühe einen Weg und gehen durch das nächstgelegene Tor hinaus. Dort versucht Jesus vergeblich, viele zu entlassen. Sie wollen ihm um jeden Preis folgen.

Die Jünger betrachten unterdessen den in der Mittagssonne strahlenden Würfel des Tempels, und Johannes von Ephesus macht den Meister auf den mächtigen Bau aufmerksam: «Sieh, was für Steine und was für Bauten!»

«Und doch wird kein Stein davon auf dem anderen bleiben», antwortet Jesus.

«Nein? Wann? Wie?» fragen viele, aber Jesus antwortet nicht.

Er geht den Moriah hinunter und durch Ophel, verläßt rasch die Stadt durch das Tor von Ephraim oder des Mists und flüchtet sich in die üppigen Gärten der früheren Könige, bis alle, die darauf bestanden haben, ihm zu folgen und die weder Apostel noch Jünger sind, langsam fortgehen, als Manaen, der die schweren Tore hat öffnen lassen, sich gebieterisch vor sie stellt und zu allen sagt: «Geht. Hier kommen nur die herein, die ich will.»

Schatten und Stille, Düfte von Blumen, Kampfer, Nelken, Zimt, Speik und tausend anderen wohlriechenden Pflanzen, Blattlauben mit plätschernden Bächlein, die gewiss von den nahen Brunnen und Zisternen gespeist werden, und Vogelgezwitscher machen aus dem Garten einen Ort paradiesischer Ruhe. Die Stadt scheint meilenweit entfernt zu sein mit ihren engen, von Gewölben überspannten oder aber in der grellen, blendenden Sonne brütenden Gassen, mit ihren Gerüchen und dem Kloakengestank der nicht immer sauberen Straßen und besonders Nebenstraßen, durch die zu viele Tiere gehen, als dass sie immer sauber sein könnten.

Der Hüter des Gartens muss Jesus sehr gut kennen, denn er begrüßt ihn respektvoll und zugleich ungezwungen. Jesus fragt ihn nach seinen Söhnen und der Frau.

Der Mann möchte Jesus sein Haus als Aufenthalt anbieten, doch der Meister zieht den kühlen, geruhsamen Frieden des großen Königsgartens, eine wahre Erquickung, vor. Bevor die beiden unermüdlichen und getreuen Diener des Lazarus gehen, um den Korb mit den Speisen zu holen, sagt Jesus zu ihnen: «Sagt euren Herrinnen, dass sie kommen sollen. Wir werden uns hier einige Stunden mit der Mutter und den getreuen Jüngerinnen aufhalten. Und es wird so schön sein...»

«Du bist sehr müde, Meister! Man sieht es an deinem Gesicht», bemerkt Manaen.

«Ja, so sehr, dass ich keine Kraft mehr hatte, weiterzugehen.»

«Aber ich habe dir diese Gärten schon oft in diesen Tagen angeboten. Du weißt, dass ich glücklich bin, dir Frieden und Erholung schenken zu können!»

«Ich weiß es, Manaen.»

«Und gestern wolltest du an den traurigen Ort dort gehen! Mit seiner trostlosen Umgebung und seiner dieses Jahr so eigenartig nackten Vegetation! Und so nahe bei diesem traurigen Tor.»

«Ich wollte meine Apostel zufriedenstellen. Sie sind im Grund wie Kinder. Wie große Kinder. Sich sie dir an, wie sie sich dort glücklich erholen! ... Sie vergessen sofort, was man jenseits dieser Mauern gegen mich unternimmt ...»

«Und sie vergessen auch gleich, dass du so traurig bist... Aber ich glaube, es gibt keinen Grund, sich große Sorgen zu machen. Der Ort schien mir andere Male schon gefährlicher.»

Jesus schaut ihn an und schweigt. Wie oft sehe ich Jesus in diesen letzten Tagen so schauen und schweigen.

Dann betrachtet Jesus die Apostel und die Jünger, die ihre Kopfbedeckungen, Mäntel und Sandalen abgelegt haben und sich Gesicht, Hände und Füße in den kühlen Bächlein erfrischen, und denen es viele der zweiundsiebzig Jünger nachmachen. Eigentlich sind es viel mehr, glaube ich, die sich nun, alle brüderlich verbunden durch die gleichen Ideale, da und dort zur Ruhe legen, ein wenig abseits, um Jesus nicht zu stören.

Auch Manaen zieht sich zurück und läßt Jesus in Frieden. Alle achten die Ruhe des Meisters, der sich erschöpft in eine dichte blühende Jasmin-Pergola zurückzieht, die einer Hütte gleicht und von Wasser umgeben ist, dass murmelnd durch einen kleinen Kanal fließt, über den sich Kräuter und Blumen neigen. Ein richtiger Zufluchtsort des Friedens, zu dem man über ein zwei Spannen breites und vier Spannen langes Brückchen gelangt, dessen Geländer mit Girlanden von Jasminblüten geschmückt ist.

Die Diener kehren zusammen mit anderen zurück, denn Martha will für alle Jünger des Herrn sorgen, und sie richten aus, dass die Frauen bald kommen werden.

Jesus läßt Petrus rufen und sagt zu ihm: «Du wirst zusammen mit Jakobus, meinem Bruder, dass Mahl segnen, aufopfern und verteilen, so wie ich es immer mache.»

«Verteilen, ja, aber nicht segnen, Herr! Es steht nur dir zu, zu opfern und zu segnen.»

«Als du als Oberhaupt mit den Gefährten fern von mir warst, hast du es da nicht auch getan?»

«Ja, aber damals... musste ich es tun. Nun aber bist du bei uns, und du musst segnen. Es schmeckt mir alles besser, wenn du es für uns aufopferst und verteilst ...» Und der treue Simon umarmt seinen Jesus, der müde im Schatten sitzt, legt seinen Kopf auf die Schulter des Meisters und ist selig, ihn so umarmen und küssen zu können...

Jesus erhebt sich und stellt ihn zufrieden. Er geht zu den Jüngern, opfert, segnet und verteilt die Nahrung, schaut ihnen zu, wie sie glücklich essen, und sagt: «Danach schlaft und ruht euch aus, solange noch Zeit ist, damit ihr wachen und beten könnt, wenn es nötig sein wird, und Mühen und Müdigkeit euch nicht Augen und Geist mit Schlaf beschweren, wenn ihr bereit und wach sein müßt.»

«Bleibst du denn nicht bei uns? Willst du nicht essen?»

«Laßt mich ausruhen. Ich brauche nur dies. Eßt nur, eßt!» Jesus liebkost im Vorbeigehen einige Jünger und kehrt an seinen Platz zurück...

Die Mutter kommt nun sanft und liebevoll zu ihrem Sohn. Maria nähert sich zielbewußt, denn Manaen, der nicht so müde ist wie die übrigen, hat am Tor Wache gehalten und ihr gezeigt, wo Jesus sich befindet.

Die anderen – alle hebräischen Jüngerinnen und Valeria als einzige Römerin – warten einige Zeit schweigend, um die Jünger nicht zu stören, die im Schatten der dichten Bäume schlafen und Schafen gleichen, die um die sechste Stunde im Gras liegen.

Maria geht in die Jasmin-Pergola und achtet darauf, dass die kleine Holzbrücke nicht knarrt und der Kies unter ihren Füßen nicht knirscht. Noch vorsichtiger nähert sie sich dem Sohn, der von Müdigkeit überwältigt eingeschlafen ist und den Kopf auf die Steinplatte des Tisches gelegt hat. Sein linker Arm dient ihm als Kissen, und die Haare sind über sein Gesicht gefallen. Maria setzt sich geduldig zu ihrem müden Sohn. Sie betrachtet ihn... lange, mit einem schmerzlichen, liebevollen Lächeln um die Lippen, während lautlose Tränen in ihren Schoß fallen. Aber wenn auch die Lippen verschlossen und stumm bleiben, so betet doch ihr Herz mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften. Die Kraft und Intensität dieses Gebetes verrät sich in der Haltung ihrer Hände, die sie im Schoß zusammenkrampft, damit sie nicht zittern, die aber trotzdem leicht zucken. Hände, die sich nur voneinander lösen, um eine eigensinnige Fliege zu verscheuchen, die sich auf dem Schlafenden niederlassen will und ihn wecken könnte.

Es ist die Mutter, die über ihren Sohn wacht; über den letzten Schlaf des Sohnes, den sie bewachen kann. Und wenn auch das Antlitz der Mutter an diesem Mittwoch vor Ostern anders ist als das der Mutter bei der Geburt des Herrn, da der Schmerz es bleich und eingefallen erscheinen läßt, so ist doch die liebevolle Reinheit des Blickes und die bange Sorge die gleiche, mit der sie sich auch über die Krippe von Bethlehem neigte, als ihre Liebe den ersten sorglosen Schlaf ihres Kindes behütete.

Jesus bewegt sich, und Maria trocknet sich rasch die Augen, um ihre Tränen vor dem Sohn zu verbergen. Aber Jesus ist nicht aufgewacht. Er hat nur den Kopf und das Gesicht auf die andere Seite gelegt. Maria sitzt wieder reglos da und wacht.

Aber plötzlich durchbohrt es ihr das Herz. Sie hört, dass ihr Jesus im Schlaf weint, und aus seinem unklaren Flüstern – denn er schläft mit dem Arm und den Ärmel vor dem Mund – hört sie den Namen des Judas heraus.

Maria steht auf, nähert sich dem Sohn, beugt sich über ihn und horcht auf dieses undeutliche Flüstern, die Hände auf das Herz gepreßt; denn wenn man auch nicht alles versteht, so doch genügend, um den Worten Jesu entnehmen zu können, dass er von der Gegenwart und von der Vergangenheit träumt und dann auch von der Zukunft, bis er mit einem Ruck erwacht, wie um etwas Furchtbarem zu entfliehen. Aber er findet die Brust seiner Mutter, die Arme seiner Mutter, dass Lächeln seiner Mutter, die süße Stimme seiner Mutter, ihren Kuß, ihre Liebkosungen und die leichte Berührung ihres Schleiers, mit dem sie Tränen und Schweiß von seinem Antlitz wischt, während sie sagt: «Du sitzt unbequem und hast geträumt... Du bist schweißgebadet und sehr müde, mein Sohn.» Sie bringt sein Haar wieder in Ordnung, trocknet sein Gesicht und küßt es, umschlingt ihn mit einem Arm und drückt ihn an ihr Herz; denn sie kann ihn ja nicht mehr auf den Schoß nehmen wie damals, als er noch klein war.

Jesus lächelt ihr zu und sagt: «Du bist immer die Mama, die tröstet. Die Mama, die alles wieder gutmacht. Meine Mama!» Er fordert sie auf, sich neben ihn zu setzen und legt die Hand an ihren Schoß. Und Maria nimmt die schlanke, vornehme und doch so kräftige Hand des Handwerkers in ihre kleinen Hände, streichelt die Finger und den Handrücken und glättet die Adern, die durch das Herunterhängen im Schlaf angeschwollen sind. Sie versucht, Jesus zu zerstreuen...

«Wir sind gekommen. Wir sind alle da. Auch Valeria. Die anderen sind in der Antonia. Claudia hat es so gewollt, „denn sie ist sehr betrübt“, hat die Freigelassene gesagt. Sie sagt, sie habe, ich weiß nicht warum, eine Vorahnung vieler Tränen. Alles Aberglauben! Nur Gott kennt die Dinge ...»

«Wo sind die Jüngerinnen?»

«Dort am Beginn der Gärten. Martha wollte Speisen und erfrischende, erquickende Getränke vorbereiten für dein Erwachen. Aber ich, schau: das hast du immer gern gehabt, und ich habe es dir gebracht. Das ist mein Beitrag, und er ist besser, denn er ist von deiner Mama.» Sie zeigt ihm ein Honigtöpfchen und einen kleinen Brotfladen, auf den sie den Honig streicht und den sie dann ihrem Sohn gibt mit den Worten: «Wie in Nazareth, wenn du dich in der heißesten Stunde ausgeruht hast, erhitzt erwacht bist, und ich dann von der kühlen Grotte mit dieser Stärkung kam...» Sie unterbricht sich, denn ihre Stimme zittert.

Ihr Sohn schaut sie an und sagt dann: «Als Joseph noch lebte, brachtest du die Stärkung für zwei und das kühle Wasser in dem tönernen Krug, den du unter das fließende Wasser gestellt hattest, damit es noch frischer würde und in das du wilde Minze gegeben hattest. Wieviel Minze gab es doch dort unter den Ölbäumen! Und wie viele Bienen auf den Blüten der Minze! Unser Honig schmeckte immer ein wenig danach...» Er denkt zurück... erinnert sich...

«Weißt du, dass wir Alphäus gesehen haben? Joseph hat sich verspätet, da eines der Kinder ein wenig krank war. Aber morgen wird er gewiss hier sein, zusammen mit Simon. Salome des Simon gibt auf unser Haus acht und auf das Marias.»

«Mama, wenn du einmal allein bist, bei wem wirst du dann bleiben?»

«Bei dem, den du mir nennst, mein Sohn. Ich habe dir gehorcht, bevor du zur Welt gekommen bist. Ich werde dir weiterhin gehorchen, nachdem du mich verlassen hast.» Ihre Stimme zittert, aber auf den Lippen ist ein heroisches Lächeln.

«Du verstehst zu gehorchen. Welch ein Frieden, bei dir zu sein! Denn siehst du, Mama, die Welt kann es nicht verstehen, aber ich finde Ruhe bei den Gehorsamen... Ja, Gott ruht sich bei den Gehorsamen aus. Gott hätte nicht leiden, sich nicht mühen müssen, wenn der Ungehorsam nicht in die Welt gekommen wäre. Alles passiert, weil man nicht gehorchen will. Daher der Schmerz auf der Welt... Daher unser Schmerz!»

«Aber auch unser Friede, Jesus, denn wir wissen, dass unser Gehorsam den Ewigen tröstet. Oh, besonders für mich ist das ein außerordentlicher Gedanke! Es ist mir, dem Geschöpf, vergönnt, den Schöpfer zu trösten!»

«Oh, Freude Gottes! Du weißt nicht, o unsere Freude, was dein Wort für uns bedeutet! Mehr als die Harmonie der himmlischen Chöre... Gesegnet seist du! Gesegnet, die du mich den letzten Gehorsam lehrst und ihn mir so wünschenswert machst bei diesem Gedanken!»

«Du hast es nicht nötig, dass ich dich belehre, mein Jesus. Ich habe alles von dir gelernt.»

«Alles hat Jesus der Maria von Nazareth, der Mensch, von dir gelernt.»

«Es war dein Licht, dass aus mir strömte. Das Licht, dass du bist, dass ewige Licht, dass sich in einem menschlichen Leib erniedrigt hat... Die Brüder der Johanna haben mir von deiner Rede erzählt. Sie waren hingerissen vor Bewunderung. Du bist streng mit den Pharisäern gewesen...»

«Es ist die Stunde der höchsten Wahrheiten, Mama. Für sie bleiben sie tote Wahrheiten. Aber für die anderen werden sie lebendige Wahrheiten sein. Mit Liebe und Strenge muss ich die letzte Schlacht wagen, um sie dem Bösen zu entreißen.»

«Das ist wahr. Man hat mir berichtet, dass Gamaliel, der mit anderen in einem der Säle der Vorhöfe war, am Ende der Rede sagte, als viele sehr unruhig geworden waren: „Wenn man die Rüge nicht will, handelt man als Gerechter...“ Nach dieser Bemerkung ist er weggegangen.»

«Ich freue mich, dass der Rabbi mich gehört hat. Wer hat es dir gesagt?»

«Lazarus. Und ihm hat es Eleazar gesagt, der mit den anderen im Saal war. Lazarus ist um die sechste Stunde gekommen. Er hat gegrüßt und ist wieder gegangen, ohne auf die Schwestern zu hören, die ihn bis Sonnenuntergang zurückhalten wollten. Er hat gebeten, Johannes oder jemand anderen zu schicken, um die Früchte und Blumen abzuholen, die nun gerade reif oder aufgeblüht sind.»

«Morgen werde ich Johannes schicken.»

«Lazarus kommt jeden Tag. Aber Maria ist beunruhigt, denn sie sagt, dass er einer Erscheinung gleicht. Er steigt zum Tempel hinauf, kommt, gibt Anweisungen und geht wieder.»

«Auch Lazarus weiß zu gehorchen. ich habe es ihm so befohlen, denn auch er ist in Gefahr. Aber sage den Schwestern nichts. Es wird ihm nichts geschehen... Und nun gehen wir zu den Jüngerinnen.»

«Bemühe dich nicht. Ich rufe sie. Die Jünger schlafen alle ...»

«Und wir wollen sie schlafen lassen. Sie schlafen nachts sehr wenig, denn ich unterweise sie in der Stille des Gethsemane.»

Maria geht und kommt mit den Frauen zurück, die schwerelos zu sein scheinen, so leicht sind ihre Schritte.

Sie grüßen ihn mit einer tiefen Verneigung, nur Maria des Kleophas etwas vertraulicher. Martha zieht aus einer geräumigen Tasche eine kleine feuchte Amphore, während Maria aus einem tönernen Gefäß frische Früchte aus Bethanien hervorholt und sie auf den Tisch legt neben die von ihrer Schwester schon hergerichtete, über dem Feuer gebratene Taube, die sehr knusprig und appetitlich aussieht. Sie bittet Jesus, sich zu bedienen und sagt: «Iß, dass Fleisch wird dich stärken. Ich habe es selbst zubereitet.»

Johanna hat roten Essig gebracht. Sie erklärt: «Er ist sehr erfrischend bei dieser Hitze. Auch mein Mann benützt ihn, wenn er müde ist von einem langen Ritt.»

«Wir haben nichts», entschuldigen sich Maria Salome, Maria des Kleophas, Susanna und Elisa. Und Nike und Valeria ihrerseits sagen: «Auch wir haben nichts. Wir wußten nicht, dass wir kommen sollten.»

«Ihr habt mir euer ganzes Herz gegeben. Das genügt mir. Und ihr werdet mir noch mehr geben...»

Er ißt. Aber mehr noch trinkt er das kühle Honigwasser, dass Martha aus der Amphore mischt, und genießt das frische Obst, dass eine Erquickung für den Müden ist.

Die Jüngerinnen reden nicht viel. Sie sehen ihm zu, wie er sich erfrischt. Ihre Augen drücken Liebe und Sorge aus. Plötzlich fängt Elisa an zu weinen und entschuldigt sich: «Ich weiß nicht, mein Herz ist schwer und traurig...»

«Unser aller Herz ist schwer. Selbst Claudia leidet in ihrem Palast ...»sagt Valeria.

«Ich wollte, es wäre schon Pfingsten ...» flüstert Salome.

«Ich hingegen wollte, die Zeit bliebe jetzt stehen», sagt Maria von Magdala.

«Dann wärst du egoistisch, Maria», antwortet Jesus.

«Warum, Rabbuni?»

«Weil du die Freude deiner Erlösung für dich allein haben wolltest. Tausende, Millionen von Menschen erwarten diese Stunde, werden durch diese Stunde erlöst.»

«Das ist wahr. Daran habe ich nicht gedacht...» Sie neigt das Haupt und beißt sich auf die Lippen, um nicht die Tränen in ihren Augen und das Zittern ihrer Lippen zu zeigen. Aber sie ist immer die starke Kämpferin und sagt: «Wenn du morgen kommst, kannst du das Gewand wieder anziehen, dass du geschickt hast. Es ist nun frisch und rein und des Ostermahles würdig.»

«Ich werde kommen... Habt ihr mir nichts zu sagen? Ihr seid stumm und betrübt. Bin ich denn nicht mehr euer Jesus?» und er lächelt den Frauen einladend zu.

«Oh, du bist es. Aber du bist so groß in diesen Tagen, dass ich in dir nicht mehr das Kindlein sehen kann, dass ich auf meinen Armen getragen habe!» ruft Maria des Alphäus aus.

«Und ich den einfachen Rabbi, der in meine Küche gekommen ist und Johannes und Jakobus gesucht hat», sagt Salome.

«Ich habe dich immer so gekannt: Als den König meiner Seele!» erklärt Maria von Magdala.

Und Johanna sanft und gütig: «Ich auch: göttlich, wie im Traum, in dem du der Sterbenden erschienen bist, um mich ins Leben zurückzurufen.»

«Du hast uns alles gegeben, o Herr. Alles!» seufzt Elisa, die sich beruhigt hat.

«Und auch ihr habt mir alles gegeben.»

«Viel zu wenig», sagen alle.

«Das Geben hört nicht auf nach dieser Stunde. Es wird erst enden, wenn ihr mit mir in meinem Reich seid. Meine treuen Jüngerinnen. Ihr werdet nicht an meiner Seite sitzen, auf den zwölf Thronen, um die zwölf Stämme Israels zu richten, aber ihr werdet zusammen mit den Engeln das Hosanna singen und den Ehrenchor meiner Mutter bilden, und dann wird das Herz Christi so wie heute seine Freude daran finden, euch zu betrachten.»

«Ich bin jung. Und es wird noch lange dauern, bis ich zu deinem Reich aufsteigen kann. Glückliche Annalia!» sagt Susanna.

«Ich bin alt, und ich bin glücklich, es zu sein. Ich hoffe, dass der Tod nahe ist», sagt Elisa.

«Ich habe die Söhne... Ich möchte ihnen dienen, diesen Dienern Gottes», seufzt Maria des Kleophas.

«Vergiß uns nicht, Herr!» sagt Maria Magdalena mit verhaltener Angst, ich würde sagen, mit einem Aufschrei der Seele; denn in ihrer Stimme, die zwar leise ist, um die Schlafenden nicht zu wecken, schwingt mehr Intensität als in einem Schrei.

«Ich werde euch nie vergessen. Ich werde kommen. Du, Johanna, weißt, dass ich kommen kann, auch wenn ich weit weg bin... Die anderen müssen es glauben. Und ich werde euch etwas... ein Geheimnis hinterlassen, dass mich in euch und euch in mir erhalten wird, bis wir, ich und ihr, im Reich Gottes vereint sind. Geht nun. Ihr werdet sagen, es wäre nicht nötig gewesen, euch kommen zu lassen für das wenige, dass ich euch gesagt habe. Aber ich habe danach verlangt, von Herzen umgeben zu sein, die mich ohne Berechnung lieben. Die mich um meiner selbst willen lieben, weil ich Jesus bin, und nicht, weil sie immer den zukünftigen erträumten König von Israel in mir sehen. Geht nun. Und seid noch einmal gesegnet.

Auch die anderen, die nicht hier sind, die aber mit Liebe an mich denken: Anna, Myrtha, Anastasica, Noemi und die ferne Syntyche, Photinai, Aglaia und Sara, Marcella, die Töchter des Philippus, Miriam des Jairus, die Jungfrauen, die Erlösten, die Gattinnen, die Mütter, die zu mir gekommen sind, die mir Schwestern und Mütter gewesen sind, besser, o viel besser als selbst die besten Männer! ... Alle, alle! Ich segne sie alle. Die Gnade beginnt schon herabzusteigen, die Gnade und die Verzeihung, auf die Frau, durch diesen meinen Segen. Geht ...» Er entläßt sie und hält die Mutter zurück: «Vor dem Abend werde ich im Palast des Lazarus sein. Ich muss dich noch einmal sehen. Johannes wird mit mir kommen. Aber ich will nur dich, Mutter, und die anderen Marien, Martha und Susanna. Ich bin so müde ...»

«Wir werden allein sein. Leb wohl, Sohn ...»

Sie küssen sich und trennen sich... Maria entfernt sich langsam. Bevor sie hinausgeht, dreht sie sich noch einmal um. Sie dreht sich um, als sie auf der kleinen Brücke steht, sie dreht sich immer wieder um, solange sie Jesus sehen kann... Es scheint, als könne sie Jesus nicht verlassen...

Jesus ist wieder allein. Er steht auf und geht hinaus. Er ruft Johannes, der wie ein Kind auf dem Bauch in den Blumen liegt und schläft, und gibt ihm die kleine Amphore mit dem roten Essig, die Johanna gebracht hat. Dabei sagt er: «Heute abend gehen wir zu meiner Mutter. Aber nur wir beide allein.»

«Ich habe verstanden. Sind sie gekommen?»

«Ja. Ich wollte euch nicht wecken ...»

«Das war richtig. Deine Freude wird größer gewesen sein. Sie verstehen es besser als wir, dich zu lieben...» sagt Johannes untröstlich.

«Komm mit mir.»

Johannes folgt ihm.

«Was hast du?» fragt ihn Jesus, als sie wieder im grünen Halbdunkel der Pergola sind, wo noch die Reste der Mahlzeit liegen.

«Meister, wir sind sehr schlecht. Alle. Wir haben keinen Gehorsam... und kein Verlangen, bei dir zu sein. Auch Petrus und Simon sind fortgegangen. Ich weiß nicht wohin. Und Judas hat diese Gelegenheit benützt, um einen Streit zu beginnen.»

«Ist denn auch Judas fortgegangen?»

«Nein, Herr. Er ist nicht fortgegangen. Er sagt, es sei nicht nötig, er hätte keine Komplizen für unsere Machenschaften, durch die wir Schutz für dich suchen. Aber wenn ich zu Annas gegangen bin, und wenn andere zu den hier wohnenden Galiläern gegangen sind, so war es gewiss nicht, um Böses zu tun! ... Und ich kann nicht glauben, dass Simon des Jonas und Simon der Zelote Männer sind, die zu heimtückischen Ränken fähig wären...»

«Achte nicht darauf. Judas hat in der Tat keinen Grund fortzugehen, während ihr euch ausruht. Er weiß, wann und wo er hingehen muss, um alles das zu besorgen, was er zu tun hat.»

«Und warum spricht er denn so? Das ist doch nicht schön, so vor den Jüngern!»

«Es ist nicht schön. Aber es ist so. Beruhige dich, mein Lamm.»

«Ich, dein Lamm? Das Lamm bist nur du allein!»

«Ja, du. Ich das Lamm Gottes und du das Lamm des Lammes Gottes.»

«Oh! Schon einmal, in den ersten Tagen, als ich bei dir war, hast du diese Worte zu mir gesagt. Wir beide waren ganz allein, wie jetzt, im Grünen, wie jetzt, und es war die schöne Jahreszeit.» Johannes ist ganz glücklich bei dieser wiederkehrenden Erinnerung. Er flüstert: «Ich bin immer noch das Lamm des Lammes Gottes ...»

Jesus liebkost ihn. Und er reicht ihm ein Stück des gebratenen Täubchens, dass auf dem Pergament, in das es gewickelt war, auf dem Tisch liegt. Dann öffnet er saftige Feigen, gibt sie ihm und freut sich, ihn essen zu sehen. Jesus hat sich schräg an das Ende des Tischchens gesetzt und betrachtet Johannes so eingehend, dass dieser fragt: «Warum schaust du mich so an? Weil ich so gierig esse?»

«Nein, weil du wie ein Kind bist... O mein Geliebter! Wie sehr liebe ich dich um deines Herzens willen!» Und Jesus neigt sich, um den Apostel auf das blonde Haar zu küssen und sagt zu ihm: «Bleibe so, immer so, mit deinem Herzen ohne Stolz und Groll. Bleibe so auch in den Stunden entfesselter Gewalt. Ahme nicht jene nach, die sündigen, Kind.»

Johannes hat seinen Kummer überwunden und sagt: «Aber ich kann nicht glauben, dass Simon und Petrus...»

«Du würdest dich wahrlich irren, wenn du glaubtest, dass sie Sünder sind. Trink. Dieses Getränk ist gut und frisch. Martha hat es zubereitet... Nun bist du gestärkt. Ich bin sicher, dass du deine Mahlzeit nicht beendet hattest...»

«Das ist wahr. Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Denn wenn die Welt uns haßt, ist das verständlich. Aber dass einer von uns dabei mitmachen könnte...»

«Denke nicht mehr daran. Ich und du, wir wissen, dass Simon und der Zelote zwei ehrbare Männer sind. Das genügt. Und du weißt auch, leider, dass Judas ein Sünder ist. Doch schweige. Wenn viele, viele Jahre vergangen sind und es Zeit ist, die ganze Größe meines Schmerzes zu beschreiben, dann wirst du auch das sagen, was ich wegen der Taten dieses Menschen, außer denen des Apostels, gelitten habe. Gehen wir. Es ist Zeit, diesen Ort zu verlassen und zum Lager der Galiläer zu gehen ...»

«Werden wir auch diese Nacht dort verbringen? Und gehen wir zuvor nach Gethsemane? Judas wollte es wissen. Er sagt, er sei es leid, die Nächte unter dem Tau des Himmels zu verbringen und sich nur wenig und unbequem auszuruhen.»

«Es wird bald ein Ende haben. Aber ich werde Judas meine Absichten nicht mitteilen...»

«Das brauchst du auch nicht. Du bist es, der uns führen muss, und nicht wir dich.» Johannes ist so weit entfernt von jeglichem Verrat, dass er nicht einmal versteht, warum Jesus seit einigen Tagen vorsichtshalber nicht mehr sagt, was er zu tun gedenkt.

Nun stehen sie mitten unter den Schlafenden und rufen sie. Sie erwachen. Auch Manaen, der seine Pflicht erfüllt hat und sich nun beim Meister entschuldigt, dass er nicht bleiben kann und auch morgen nicht bei ihm im Tempel sein wird, da er im Palast bleiben muss. Während er dies sagt, sieht er Petrus und Simon fest an, die in der Zwischenzeit zurückgekommen sind. Petrus macht ein rasches Zeichen mit dem Kopf, wie um zu sagen: «Ich habe verstanden.»

Sie verlassen die Gärten. Es ist immer noch heiß, denn die Sonne scheint noch. Doch der Abendwind kühlt die Luft langsam ab und treibt einige Wölkchen am klaren Himmel dahin.

Sie gehen hinauf nach Siloe, vermeiden aber den Ort mit den Aussätzigen, zu denen sich Simon der Zelote begibt, um die Reste ihrer Mahlzeit den wenigen Übriggebliebenen zu bringen, die nicht an Jesus glauben konnten.

Matthias, der frühere Hirte, nähert sich Jesus und fragt: «Mein Herr und mein Meister. Ich habe mit den Gefährten viel über deine Worte nachgedacht, bis die Müdigkeit uns übermannt hat und wir eingeschlafen sind, ohne zu einem Ergebnis gekommen zu sein in der Frage, die wir uns gestellt hatten. Nun begreifen wir weniger als zuvor. Wenn wir deine Reden dieser Tage richtig verstanden haben, hast du vorhergesagt, dass viele Dinge sich ändern werden, dass Gesetz aber unverändert bleiben wird. dass man einen neuen Tempel erbauen muss, mit neuen Propheten, Weisen und Schriftgelehrten, und dass dieser Tempel bekämpft, aber nie vernichtet werden wird, während diesem hier, wenn wir recht verstanden haben, dass Ende bestimmt ist.»

«Das Ende ist ihm bestimmt. Denke an die Prophezeiung des Daniel...»

«Aber wir, wir sind arm und nur wenige, wie können wir ihn neu erbauen, wenn die Könige schon Mühe hatten, diesen zu errichten? Wo werden wir ihn erbauen? Nicht hier, denn du sagst, dass dieser Ort verlassen bleiben wird, solange sie dich nicht als den Gesandten Gottes segnen.»

«So ist es.»

«In deinem Reich auch nicht. Denn wir sind überzeugt, dass dein Reich ein geistiges Reich ist. Wie und wo werden wir ihn also errichten? Du hast gestern gesagt, dass der wahre Tempel – und ist dies nicht der wahre Tempel? – dass der wahre Tempel, gerade wenn sie glauben, ihn zerstört zu haben, triumphierend zum wahren Jerusalem emporsteigen wird. Wo ist dies? Wir sind ganz verwirrt.»

«So ist es. Die Feinde werden auch den wahren Tempel zerstören. In drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen und dann wird er nicht mehr angegriffen werden, da er dort hinaufsteigen wird, wo der Mensch ihm nicht mehr schaden kann.

Was das Reich Gottes betrifft, so ist es in euch und überall dort, wo Menschen sind, die an mich glauben. Noch ist es zerstreut, doch wird es sich im Laufe der Jahrhunderte über die Welt ausbreiten und dann im Himmel ewig, vereint und vollkommen sein. Dort, im Reich Gottes, wird der neue Tempel erbaut werden, also dort, wo es Seelen gibt, die meine Lehre annehmen, die Lehre des Reiches Gottes, und die ihre Vorschriften halten. Wie er errichtet werden wird, da ihr arm und nur wenige seid? Oh, wahrlich, Geld und Macht braucht ihr nicht, um den Bau der neuen Wohnung Gottes zu errichten, weder den gemeinsamen noch den des Einzelnen. Das Reich Gottes ist in euch. Und die Vereinigung all jener, die das Reich Gottes in sich tragen, die Gott in sich haben – Gott: die Gnade, Gott: das Leben, Gott: das Licht, Gott: die Liebe – wird das große Reich Gottes auf Erden bilden. Das neue Jerusalem, dass sich bis an die Grenzen der Erde erstrecken und vollständig und vollkommen, ohne Makel und Schatten, im Himmel ewig währen wird.

Wie werdet ihr den Tempel und die Stadt erbauen? Oh, nicht ihr, sondern Gott wird diese neuen Orte erbauen. Ihr müßt ihm nur euren guten Willen schenken. Guter Wille heißt, in mir zu bleiben. Meine Lehre zu leben, ist guter Wille. Einig zu sein, ist guter Wille. Eins mit mir zu sein, um einen einzigen Leib zu bilden, dessen einzelne Teile und Teilchen eine einzige Kraft nährt. Ein einziges Bauwerk, dass auf einem einzigen Fundament ruht und das eine mystische Bindekraft zusammenhält. Ohne die Hilfe des Vaters aber, zu dem ich euch zu beten gelehrt habe und zu dem ich vor meinem Tod für euch beten werde, könnt ihr nicht in der Liebe, in der Wahrheit und im Leben bleiben, also auch nicht in mir, und mit mir in Gott dem Vater, dem Gott der Liebe – denn wir sind eine einzige Gottheit. Daher sage ich euch, dass ihr Gott in euch haben müßt, um der Tempel sein zu können, der niemals ein Ende haben wird. Allein könnt ihr es nicht schaffen. Wenn Gott nicht baut, und er kann nicht bauen, wo er nicht wohnen kann, bemühen sich die Menschen vergebens zu bauen oder wieder aufzubauen. Der neue Tempel, meine Kirche, wird nur erstehen, wenn euer Herz Gott beherbergt und er mit euch, den lebendigen Steinen, seine Kirche erbaut.»

«Aber hast du nicht gesagt, dass Simon des Jonas das Haupt ist, der Stein, auf dem du deine Kirche bauen wirst? Und hast du nicht auch gesagt, dass du der Eckstein bist? Wer ist also das Haupt? Gibt es diese Kirche oder gibt es sie nicht?» unterbricht ihn Iskariot.

«Ich bin das mystische Haupt und Petrus ist das sichtbare Haupt. Denn ich kehre zum Vater zurück und lasse euch das Leben, dass Licht und die Gnade durch mein Wort, durch meine Leiden und durch den Paraklet, den Freund aller, die mir treu gewesen sind. Ich bin eins mit meiner Kirche, meinem geistigen Leib, dessen Haupt ich bin. Das Haupt enthält das Gehirn, den Verstand. Der Verstand ist der Sitz des Wissens. Das Gehirn steuert die Bewegung der Glieder durch seine unsichtbaren Befehle, die mehr vermögen, um die Glieder zu bewegen, als jeder andere Reiz. Betrachtet einen Toten, dessen Gehirn abgestorben ist. Bewegen sich seine Glieder etwa noch? Betrachtet einen vollständigen Idioten. Ist er nicht so träge, dass er nicht einmal mehr die grundlegendsten, instinktiven Bewegungen macht, die selbst das niedrigste Tier noch macht, der Wurm, den wir im Vorübergehen zertreten? Betrachtet einen Menschen, bei dem eine Lähmung die Verbindung des Gehirns mit einem oder mehreren Gliedern unterbrochen hat. Ist der Körperteil, dessen lebenswichtige Verbindung mit dem Kopf fehlt, etwa noch beweglich? Ist es aber der Verstand, der durch seine unsichtbaren Befehle steuert, so sind es die anderen Organe – Augen, Ohren, Nase, Zunge, Haut – die dem Verstand ihre Empfindungen mitteilen, und es sind die übrigen Teile des Körpers, die ausführen oder ausführen lassen, was der von den Organen – den im Gegensatz zum unsichtbaren Verstand sichtbaren und greifbaren Organen – benachrichtigte Verstand befiehlt. Könnte ich, ohne euch zu sagen: setzt euch, erreichen, dass ihr euch an diesen Berghang setzt? Wenn ich nur denke, dass ihr euch setzen sollt, dann könnt ihr es nicht wissen, bevor ich nicht meinen Gedanken in Worte fasse und diese ausspreche, indem ich Zunge und Lippen bewege. Könnte ich selbst mich setzen, wenn ich es nur denken würde, weil ich die Müdigkeit meiner Beine fühle, diese sich aber weigern würden, sich zu beugen, damit ich mich setzen kann?

Das Gehirn braucht die Organe und die Glieder, um auszuführen und ausführen zu lassen, was der Gedanke denkt. So ist es auch beim geistigen Leib, der meine Kirche ist. Ich werde der Verstand, also der Kopf, der Sitz des Verstandes sein. Petrus und seine Mitarbeiter hingegen werden es sein, die die Reaktionen beobachten und die Empfindungen wahrnehmen, und sie dem Verstand mitteilen, damit er sie erleuchte und gebiete, was zum Wohl des ganzen Leibes zu tun ist. Von meinem Befehl erleuchtet und geführt, werden sie zu den anderen Teilen des Leibes sprechen und sie anleiten. Die Hand, die den Gegenstand beiseiteschafft, der den Körper verletzen könnte, oder entfernt, was verdorben ist und daher auch anderes verderben könnte; der Fuß, der das Hindernis übersteigt, ohne anzustoßen, zu fallen oder sich zu verletzen, sie haben einen Befehl von dem Teil, der gebietet, erhalten. Das Kind, oder auch der Mann, der vor einer Gefahr bewahrt wird oder einen Gewinn irgendeiner Art erzielt – Wissen, gute Geschäfte, eine Ehe, eine durch einen guten Rat oder ein Wort zustandegekommene Verbindung – er ist aufgrund dieses Rates oder dieses Wortes nicht zu Schaden gekommen oder hat einen Nutzen gehabt. So wird es in meiner Kirche sein. Das Haupt und die Vorsteher, vom Gedanken Gottes geleitet, erleuchtet vom göttlichen Licht und belehrt durch das ewige Wort, werden Rat geben und Befehle erteilen, und die Glieder werden sie ausführen und geistige Gesundheit und geistigen Gewinn erzielen.

Meine Kirche besteht schon, denn sie hat ihr übernatürliches und göttliches Haupt, und sie hat ihre Glieder, die Jünger. Noch ist sie klein: ein Keim, vollkommen einzig und allein im Haupt, dass sie leitet, unvollkommen in allen anderen Teilen, die noch Zeit brauchen, um zu wachsen, und an die Gott noch Hand anlegen muss zu ihrer Vervollkommnung. In Wahrheit sage ich euch: die Kirche besteht schon, und sie ist heilig durch den, der das Haupt ist, und durch den guten Willen der Gerechten, aus denen sie besteht. Sie ist heilig und unbesiegbar. Einmal und tausendmal wird die Hölle sie durch ihre Dämonen und Menschen-Dämonen in tausend verschiedenen Schlachten bekämpfen, sie aber nicht besiegen. Der Bau kann nicht einstürzen.

Das Bauwerk besteht aber nicht aus einem einzigen Stein. Schaut den Tempel dort an, so groß und schön im Schein der sinkenden Sonne. Besteht er etwa aus einem einzigen Stein? Es sind viele Steine, die ein einziges harmonisches Ganzes ergeben. Man nennt es den Tempel. Das heißt, eine Einheit. Aber diese Einheit besteht aus vielen Steinen, aus denen sie sich zusammensetzt und die ihr Form geben. Es wäre nutzlos gewesen, Fundamente zu legen, wenn sie dann nicht die Mauern und das Dach tragen müßten, wenn man auf ihnen keine Mauern errichten würde. Und es wäre unmöglich gewesen, Mauern zu errichten, die das Dach tragen, wenn nicht zuvor solide und dieser großen Belastung angemessene Fundamente gelegt worden wären.

Durch diese Abhängigkeit der Teile voneinander wird der neue Tempel entstehen. Im Laufe der Jahrhunderte werdet ihr ihn errichten auf den von mir gelegten und für seine Größe vollkommenen Fundamenten. Unter der Führung Gottes werdet ihr ihn errichten, und aus dem verwendeten guten Material: Seelen, in denen Gott wohnt. Gott in euren Herzen, um sie in glatte, unbeschädigte Steine für den neuen Tempel zu verwandeln. Sein durch seine Gesetze in euren Seelen errichtetes Reich. Denn sonst wäret ihr schlecht gebrannte Ziegel, wurmstichiges Holz, gesplitterte, brüchige Steine, die nicht tragen und die der Baumeister verwirft, wenn er sie bemerkt, oder die zerbröckeln und nachgeben und einen Teil des Baues zum Einsturz bringen, wenn der oder die vom Vater bestimmten Baumeister in ihrer Selbstgefälligkeit Götzen dienen, nämlich sich selbst, anstatt sich zu bemühen und auf den Bau und auf das verwendete Material zu achten. Götzendiener die Baumeister, Götzendiener die Verwalter, Götzendiener die Aufseher, Götzendiener und Diebe! Diebe des Vertrauens Gottes, Diebe der Achtung der Menschen, Diebe und Hochmütige, die sich über die Gelegenheit freuen, Gewinn zu erzielen und Material aufzuhäufen, und nicht achtgeben, ob es gut ist oder minderwertig und Ursache des Verfalls!

Ihr, meine neuen Priester und Schriftgelehrten des neuen Tempels, hört gut zu. Wehe euch und denen nach euch, die ihr eigener Götze sind und nicht wachen, die nicht sich selbst und die anderen, die Gläubigen, überwachen, die die Güte der Steine und des Holzes nicht prüfen und dem Schein vertrauen, die es zulassen, dass schlechtes oder sogar schädliches Material zum Bau des Tempels verwendet wird, so dass es zu Ärgernis und Verfall kommt. Wehe euch, wenn ihr Risse und unsicheres, schiefes, einsturzgefährdetes Mauerwerk entstehen laßt, dass dem soliden und vollkommenen Fundament nicht entspricht. Nicht von Gott, dem Gründer der Kirche, sondern von euch käme dann das Unheil und ihr wäret vor dem Herrn und vor den Menschen verantwortlich. Fleiß, Wachsamkeit, Unterscheidungsvermögen und Klugheit sind erforderlich. Der Stein, der Ziegel oder der schwache Balken, der in einer Hauptmauer eine Gefahr darstellen würde, kann für weniger wichtige Teile noch dienen, und gut dienen. So müßt ihr zu wählen verstehen. Mit Liebe, um die schwachen Teile nicht zu kränken, mit Festigkeit, um Gott nicht zu kränken und seinen Bau nicht zu gefährden. Wenn ihr bemerkt, dass ein Stein, der schon gesetzt ist, um eine besonders wichtige Ecke zu tragen, nicht gut und im Gleichgewicht ist, dann seid mutig, kühn, und entfernt ihn von dieser Stelle, demütigt ihn und bearbeitet ihn mit dem Meißel eines heiligen Eifers. Es macht nichts, wenn er vor Schmerz schreit. Er wird euch in der Ewigkeit dafür segnen, denn ihr werdet ihn gerettet haben. Versetzt ihn und gebt ihm ein anderes Amt. Habt auch keine Furcht, ihn ganz zu entfernen, wenn ihr seht, dass er Gegenstand des Ärgernisses und der Zerstörung ist und sich eurer Arbeit widersetzt. Besser nur wenige Steine als viel Ballast. Habt keine Eile. Gott hat niemals Eile, denn was er schafft ist ewig, da wohlüberlegt vor der Ausführung. Wenn nicht ewig, so doch für alle Jahrhunderte. Betrachtet das Universum. Seit Jahrhunderten, seit Tausenden von Jahrhunderten ist es, wie Gott es nach und nach gemacht hat. Ahmt den Herrn nach. Seid vollkommen wie euer Vater. Tragt sein Gesetz, sein Reich in euch. Dann könnt ihr nicht scheitern.

Wenn ihr aber nicht so seid, dann stürzt der Bau ein, und vergebens habt ihr euch bemüht, ihn zu errichten. Er stürzt ein, und der Eckstein und das Fundament allein bleiben... So wie es bei diesem Bau sein wird! ... Wahrlich, ich sage euch, so wird es geschehen. Ebenso wird es dem euren ergehen, wenn ihr ihn aus dem errichtet, was in diesem ist: die kranken Teile des Stolzes, der Gier, der Sünde und der Unzucht. So wie ein Windhauch dieses schöne Wolkengebilde aufgelöst hat, dass sich auf dem Gipfel des Berges dort niederlassen zu wollen schien, ebenso würden im Sturm einer übernatürlichen und menschlichen Strafe die Gebäude einstürzen, die nur dem Namen nach heilig sind...»

Jesus schweigt nachdenklich. Dann sagt er: «Setzen wir uns, um uns ein wenig auszuruhen.»

Sie setzen sich an einen Abhang des Ölberges gegenüber dem Tempel, den die sinkende Sonne küßt. Jesus schaut ihn lange und traurig an. Die anderen betrachten voll Stolz seine Schönheit, doch ihr Stolz wird überschattet von der Sorge, die die Worte des Meisters hinterlassen haben. Sollte diese Pracht wirklich dem Untergang geweiht sein! ...

Petrus und Johannes reden miteinander. Dann flüstern sie Jakobus des Alphäus und Andreas, die in ihrer Nähe sind, etwas zu, und diese nicken. Petrus wendet sich nun an den Meister und sagt: «Komm mit uns beiseite und erkläre uns, wann deine Prophezeiungen über die Zerstörung des Tempels sich erfüllen werden. Daniel spricht davon. Aber wenn es so gehen würde, wie er sagt und wie auch du sagst, dann würde der Tempel nur noch wenige Stunden bestehen. Wir sehen aber keine Heere oder Kriegsvorbereitungen. Wann wird es also geschehen? Welches wird das Zeichen dafür sein? Du bist gekommen. Du, sagst du, bist im Begriff, uns zu verlassen. Doch weiß man, dass es erst geschehen wird, wenn du unter den Menschen weilst. Wirst du also zurückkommen? Wann findet diese Rückkehr statt? Erkläre es uns, damit wir wissen...»

«Es ist nicht nötig beiseitezugehen. Du siehst, die getreuesten Jünger sind geblieben, jene, die euch zwölfen eine große Hilfe sein werden. Sie dürfen die Worte hören, die ich euch sage. Kommt alle her!» ruft Jesus zum Schluß, um sie um sich zu versammeln.

Die am Hang verstreuten Jünger kommen näher, bilden eine geschlossene Gruppe um Jesus und seine Apostel und hören zu.

«Seht zu, dass euch niemand irreführt in der Zukunft. Ich bin Christus, und es wird keinen anderen Christus geben. Wenn deshalb viele kommen und sagen: „Ich bin Christus“ und viele verführen, so glaubt diesen Worten nicht, auch wenn sie von Wundern begleitet sind. Satan, der Vater der Lüge und der Beschützer der Lügner, hilft seinen Dienern und Anhängern mit falschen Wundern, die man jedoch als solche erkennen kann, da sie immer mit Angst, Unruhe und Lügen verbunden sind. Die Wunder Gottes kennt ihr: Sie schenken heiligen Frieden, Freude, Heil und Vertrauen und führen zu heiligen Wünschen und Werken. Die anderen nicht. Achtet daher auf die Art und die Folgen der Wunder, die ihr in Zukunft sehen werdet als Werk der falschen Christusse und all derer, die sich in das Gewand eines Erlösers der Völker hüllen und stattdessen Raubtiere sind, die die Völker verderben.

Ihr werdet von Kriegen und Kriegsgerüchten hören, ihr werdet Kriege auch sehen, und man wird euch sagen: „Das sind die Zeichen des Endes.“ Erschreckt nicht. Es ist noch nicht das Ende. Dies alles muss vor dem Ende kommen, aber es ist noch nicht das Ende. Volk wird sich gegen Volk erheben und Reich gegen Reich, Nation gegen Nation, Kontinent gegen Kontinent, und Seuchen, Hungersnöte und Erdbeben werden kommen da und dort. Aber dies alles ist erst der Anfang der Wehen. Dann werden sie euch der Drangsal überliefern, euch töten und euch die Schuld an ihren Leiden geben in der Hoffnung, von diesen befreit zu werden, wenn sie meine Diener verfolgen und vernichten. Die Menschen beschuldigen immer die Unschuldigen, die Ursache der Übel zu sein, die sie, die Sünder, heraufbeschworen haben. Selbst Gott, die vollkommene Unschuld und höchste Güte, klagen sie an, die Ursache ihrer Leiden zu sein. Ebenso werden sie es mit euch machen, und ihr werdet um meines Namens willen gehaßt werden. Es ist Satan, der sie aufstachelt. Und dann werden viele zu Fall kommen und einander überliefern und einander hassen. Und es ist wieder Satan, der sie aufstachelt. Und falsche Propheten werden aufstehen und viele irreführen. Und wieder wird Satan der wahre Urheber von so viel Übel sein. Und weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten. Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. Zuerst muss die Frohe Botschaft vom Reich Gottes in der ganzen Welt verkündet werden zum Zeugnis für alle Völker. Und dann wird das Ende kommen. Die Rückkehr Israels zum Messias, dass ihn annehmen wird, und die Verkündigung meiner Liebe auf der ganzen Welt.

Dann ein anderes Zeichen. Ein Zeichen für das Ende des Tempels und für das Ende der Welt. Wenn ihr nun den Greuel der Verwüstung seht, von dem der Prophet Daniel spricht – wer mich hört, verstehe mich recht, und wer den Propheten liest, lese zwischen den Zeilen – dann fliehe in die Berge, wer in Judäa ist. Wer auf dem Dache ist, steige nicht herab um zu holen, was im Haus ist, und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um seinen Mantel zu holen. Sondern er fliehe, ohne sich umzuwenden, denn er könnte sonst vielleicht nicht mehr fliehen; und er schaue auch nicht zurück auf der Flucht, damit er in seinem Herzen nicht die Erinnerung an das schreckliche Schauspiel bewahrt und dadurch wahnsinnig wird. Wehe aber den hoffenden und stillenden Müttern in jenen Tagen! Und wehe, wenn die Flucht auf einen Sabbat fällt! Die Flucht würde nicht genügen, um sich zu retten, ohne zu sündigen. Betet also, damit es nicht in den Winter oder auf einen Sabbat falle, denn es wird eine Drangsal sein, wie noch keine gewesen ist vom Anbeginn der Welt bis heute und auch keine mehr sein wird, denn es wird das Ende sein. Würden jene Tage nicht um der Auserwählten willen abgekürzt, so würde kein Mensch gerettet werden; denn die Menschen-Satane werden sich mit der Hölle verbünden, um die Menschen zu quälen.

Und dann werden, um die dem Herrn treu Gebliebenen zu versuchen und vom rechten Weg abzubringen, Leute auftreten, die sagen: „Christus ist hier, Christus ist dort. Seht, dort ist er.“ Glaubt ihnen nicht. Niemand soll ihnen glauben, denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder tun, um womöglich auch die Auserwählten irrezuführen. Sie werden scheinbar tröstliche und gute Lehren verbreiten, die auch die Besten verführen könnten, wenn der Geist des Herrn nicht mit ihnen wäre, der sie über die Wahrheit und den satanischen Ursprung dieser Wunder und Lehren erleuchten wird. Ich sage es euch. Ich sage es euch, damit ihr euch darauf vorbereiten könnt. Aber fürchtet nicht zu fallen. Wenn ihr im Herrn bleibt, werdet ihr nicht in Versuchung und ins Verderben geführt werden. Denkt an das, was ich euch gesagt habe: „Ich habe euch die Macht gegeben, über Schlangen und Skorpione zu gehen, und alle Macht des Feindes wird euch nicht schaden, denn alles wird euch untertan sein.“ Vergeßt aber nicht, dass ihr Gott in euch haben müßt, um dies zu erlangen, und freut euch, nicht weil ihr die Macht des Bösen und die schädlichen Dinge beherrscht, sondern weil euer Name im Himmel geschrieben steht.

Bleibt im Herrn und in seiner Wahrheit. Ich bin die Wahrheit, und ich lehre die Wahrheit. Daher wiederhole ich euch noch einmal: Was sie auch über mich sagen mögen, glaubt es nicht. Ich allein habe die Wahrheit gesagt. Ich allein sage euch, dass Christus kommen wird, aber erst am Ende. Wenn sie euch daher sagen: „Er ist in der Wüste“, so geht nicht hinaus. Wenn sie euch sagen: „Er ist in diesem Haus“, so glaubt ihnen nicht. Denn bei seiner zweiten Ankunft wird der Menschensohn gleich dem Blitz, der von Osten ausfährt und bis zum Westen leuchtet, in weniger als einem Augenblick, über den großen, mit einemmal zur Leiche gewordenen Leib der Erde dahineilen, gefolgt von seinen strahlenden Engeln; und er wird richten. Wo ein Aas ist, da sammeln sich die Adler.

Sogleich aber nach der Drangsal jener letzten Tage, von der ihr gehört habt – ich spreche jetzt vom Ende der Zeiten und der Welt und der Auferstehung der Gebeine, von der auch die Propheten sprechen – wird die Sonne sich verfinstern, der Mond wird seinen Schein nicht mehr geben und die Sterne des Himmels werden herabfallen, wie ein Windstoß die Beeren einer überreifen Traube abschüttelt, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird am verdunkelten Firmament das strahlende Zeichen des Menschensohnes erscheinen, und alle Völker der Erde werden wehklagen. Und die Menschen werden den Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit. Er wird seinen Engeln gebieten, zu ernten und Weinlese zu halten, den Weizen von der Spreu zu trennen und die Trauben in die Kufe zu werfen, denn dann wird die Zeit der großen Ernte des Samens Adams gekommen sein. Und es wird nicht mehr nötig sein, Vorräte oder Saat aufzubewahren, da das Menschengeschlecht auf der toten Erde nicht fortbestehen wird. Er wird seine Engel aussenden mit lautem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten sammeln aus den vier Winden, von einem Ende des Himmels bis zum anderen, und sie werden an der Seite des göttlichen Richters sitzen und mit ihm die letzten Lebenden und die Auferstandenen richten.

Vom Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn ihr seht, dass seine Zweige schon saftig werden und Blätter hervortreiben, dann wißt ihr, dass der Sommer nahe ist. So sollt auch ihr, wenn ihr dies alles seht, erkennen: Christus steht nahe vor der Tür. Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht, dass mich nicht gewollt hat, wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht. Mein Wort wird nicht ungültig. Was ich euch gesagt habe, wird geschehen. Das Herz und die Gedanken der Menschen können sich ändern, aber mein Wort ändert sich nicht. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

Jenen Tag aber oder die Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel des Herrn, sondern nur der Vater. Wie in den Tagen Noahs, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. In den Tagen vor der Sündflut aßen die Menschen, sie tranken, freiten und ließen sich freien, ohne auf das Zeichen zu achten bis zu dem Tag, da Noah in die Arche ging, die Schleusen des Himmels sich öffneten und alles Lebende und alle Dinge in den Fluten versanken. So wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Dann werden zwei Männer auf dem Feld sein: Der eine wird aufgenommen, der andere zurückgelassen. Zwei Frauen werden an der Mühle mahlen. Die eine wird aufgenommen, die andere zurückgelassen; von den Feinden im Vaterland und mehr noch von den Engeln, die den guten Samen von der Spreu trennen; und sie werden keine Zeit haben, sich auf das Gericht Christi vorzubereiten.

Wacht also, denn ihr wißt nicht, zu welcher Stunde euer Herr kommt. Denkt über diese Worte nach: Wenn der Hausvater wüßte, zu welcher Stunde der Dieb kommt, dann würde er wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen. Daher wacht und betet. Seid immer für mein Kommen bereit. Laßt eure Herzen nicht abstumpfen durch Mißbräuche und Unmäßigkeit aller Art, laßt euren Geist nicht ablenken oder unempfänglich machen für die Dinge des Himmels durch übermäßige Sorge um die irdischen Dinge, damit ihr nicht überraschend und unvorbereitet dem Tod anheimfallt. Denn denkt daran, alle müßt ihr sterben. Alle Menschen, die geboren wurden, müssen sterben, und dieser Tod ist die Ankunft Christi für den Einzelnen und das damit verbundene Gericht, dass sich dann für die ganze Welt wiederholt bei der feierlichen Ankunft des Menschensohnes.

Was wird mit dem treuen und klugen Knecht geschehen, den der Hausherr über sein Gesinde gesetzt hat, um ihnen in seiner Abwesenheit Speise zu geben? Selig wird er sein, wenn der Herr unvorhergesehen zurückkommt und ihn antrifft, während er eifrig, gerecht und liebevoll seine Pflicht tut. Wahrlich, ich sage euch, er wird zu ihm sagen: „Komm, du guter und getreuer Knecht. Du hast die Belohnung verdient. Nimm sie und verwalte alle meine Güter.“ Wenn er aber nur gut und treu zu sein scheint und es nicht ist, wenn sein Inneres so böse ist wie sein Äußeres heuchlerisch, wenn er in seinem Herzen spricht, nachdem der Herr abgereist ist: „Der Herr kommt noch lange nicht. Machen wir uns ein angenehmes Leben“, wenn er anfängt, seine Mitknechte zu schlagen und zu mißhandeln und ihnen Nahrung und anderes vorenthält, um mehr Geld mit den Schlemmern und Trinkern vergeuden zu können, was wird dann geschehen? Der Herr wird überraschend zurückkehren, wenn der Knecht am wenigstens daran denkt, wird den Übeltäter ertappen, ihm Amt und Geld wegnehmen und ihn verbannen, wohin die Gerechtigkeit es verlangt. Und dort wird er bleiben.

Ebenso wird es dem unbußfertigen Sünder ergehen, der nicht daran denkt, wie nahe der Tod und das Gericht sein können, der schwelgt und Mißbrauch treibt und dabei sagt: „Später werde ich bereuen.“ Wahrlich, ich sage euch, er wird keine Zeit mehr dazu haben und wird verdammt werden, auf ewig an dem furchtbaren Ort zu weilen, wo es nur Gotteslästerung, Tränen und Qual gibt. Und er wird ihn nur verlassen beim Jüngsten Gericht, wenn er sich wieder mit seinem auferstandenen Fleisch bekleidet, um in seiner Ganzheit vor dem Endgericht zu erscheinen, so wie er in seiner Ganzheit zur Zeit seines Erdenlebens gesündigt hat; und mit Leib und Seele wird er vor seinen Richter Jesus treten, den er nicht als seinen Erlöser wollte.

Alle werden vor dem Menschensohn versammelt sein. Eine unendliche Zahl von Leibern, die Erde und Meer wieder herausgeben und die auferstehen, nachdem sie so lange Staub waren. Und die Seelen in den Leibern. Zu jedem wieder von seinem Fleisch umhüllten Gebein kehrt die Seele zurück, die es einmal belebt hat. Sie werden vor dem Menschensohn stehen, der in der Glorie seiner göttlichen Majestät auf dem von Engeln getragenen Thron seiner Herrlichkeit sitzen wird.

Er wird die Menschen von den Menschen scheiden und auf die eine Seite die Guten und auf die andere die Bösen stellen, so wie ein Hirte die Schafe von den Böcken trennt. Und er wird die Schafe zu seiner Rechten, die Böcke aber zu seiner Linken stellen. Und mit sanfter Stimme und gütigem Ausdruck wird er denen sagen, die ihn friedvoll, in der wunderbaren Schönheit und im Glanz ihrer heiligen Leiber mit der ganzen Liebe ihrer Herzen ansehen: „Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, und nehmt das Reich in Besitz, dass für euch bereitet ist seit Anbeginn der Welt. Denn ich war hungrig und ihr habt mich gespeist. Ich war durstig, und ihr habt mich getränkt. Ich war ein Pilger und ihr habt mich beherbergt. Ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet. Ich war krank, und ihr habt mich besucht. Ich war gefangen, und ihr habt mich getröstet.“ Und die Gerechten werden fragen: „Wann, Herr, haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, durstig, und dir zu trinken gegeben? Wann haben wir dich als Pilger gesehen und dich aufgenommen? Wann haben wir dich nackt gesehen und dich bekleidet? Wann haben wir dich krank und gefangen gesehen und sind gekommen, um dich zu besuchen?“ Und der König der Könige wird zu ihnen sagen: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, dass habt ihr mir getan.“

Dann wird er sich jenen zuwenden, die zu seiner Linken stehen. Sein Antlitz wird streng sein, seine Augen werden Blitze schleudern, die die Schuldigen vernichten, und aus seiner donnernden Stimme wird der Zorn Gottes sprechen: „Weichet von hier! Weichet von mir, ihr Verfluchten! In das ewige Feuer, dass der Zorn Gottes dem Teufel und den Engeln der Finsternis bereitet hat und denen, die den Stimmen ihres dreifachen, schamlosen Lasters gefolgt sind. Denn ich war hungrig, und ihr habt mich nicht gespeist. Ich war durstig, und ihr habt mich nicht getränkt. Ich war nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet. Ich kam als Pilger, und ihr habt mich nicht beherbergt. Ich war krank und gefangen, und ihr habt mich nicht besucht. Denn ihr hattet nur ein Gesetz: Euer eigenes Vergnügen.“ Sie werden fragen: „Wann haben wir dich hungrig, durstig, nackt, als Pilger, krank und gefangen gesehen? Wahrlich, wir haben dich nicht gekannt. Wir haben nicht gelebt, als du auf Erden weiltest.“ Und er wird ihnen antworten: „Das ist wahr. Ihr habt mich nicht gekannt, denn ihr habt noch nicht gelebt, als ich auf der Erde weilte. Aber ihr habt mein Wort gekannt und Arme, Hungrige, Durstige, Nackte, Kranke und Gefangene unter euch gehabt. Warum habt ihr diesen nicht getan, was ihr vielleicht mir getan hättet? Denn es ist nicht gesagt, dass jene, bei denen ich geweilt habe, barmherzig mit dem Menschensohn gewesen sind. Wißt ihr denn nicht, dass ich in meinen Brüdern bin und dort, wo einer von ihnen leidet, und dass ihr das, was ihr dem geringsten meiner Brüder nicht getan habt, mir, dem Erstgeborenen der Menschen, verweigert habt? Geht und brennt in eurem Egoismus. Geht, Finsternis und Kälte sollen euch umfangen, denn Finsternis und Kälte seid ihr gewesen, obwohl ihr wußtet, wo das Feuer und das Licht der Liebe waren.“ Diese werden der ewigen Strafe anheimfallen, die Gerechten aber in das ewige Leben eingehen.

Das sind die zukünftigen Dinge... Nun geht. Und bleibt beisammen. Ich gehe mit Johannes und werde um die Mitte der ersten Nachtwache bei euch sein, zur Abendmahlzeit und um euch weiter zu unterweisen.»

«Auch heute abend? Werden wir es nun jeden Abend so machen? Ich bin ganz krank von der Feuchtigkeit. Wäre es nicht besser, nun endlich in einem gastlichen Haus einzukehren? Immer in den Zelten! Und immer wachen in diesen Nächten, die kühl und feucht sind ...» beklagt sich Judas.

«Es ist die letzte Nacht. Morgen... wird es anders sein.»

«Ah! Ich habe schon geglaubt, du wolltest jede Nacht nach Gethsemane gehen. Aber wenn es die letzte ist...»

«Das habe ich nicht gesagt, Judas. Ich habe gesagt, dass es die letzte Nacht ist, die wir alle zusammen im Lager der Galiläer verbringen. Morgen werden wir das Passah vorbereiten und das Lamm essen und dann werde ich allein in den Ölgarten gehen, um zu beten. Und ihr könnt tun, was ihr wollt.»

«Aber wir werden mit dir kommen, Herr! Wie könnten wir dich je verlassen wollen?» sagt Petrus.

«Du sei nur still, du bist nicht unschuldig. Du und der Zelote, ihr schwirrt ständig da und dort herum, sobald der Meister euch nicht sieht... Ich behalte euch im Auge. Im Tempel ... während des Tages ... und dort oben bei den Zelten...» sagt Iskariot und freut sich, sie anklagen zu können.

«Genug! Wenn sie dies tun, so ist es recht. Doch ihr dürft mich nicht alleinlassen... Ich bitte euch darum...»

«Herr, wir tun nichts Böses. Glaube uns. Gott kennt unsere Werke, und sein Auge wendet sich nicht mit Abscheu von ihnen ab», sagt der Zelote.

«Ich weiß es. Aber es ist nutzlos. Und was nutzlos ist, kann immer schädlich sein. Bleibt soviel als möglich beisammen.» Dann wendet er sich an Matthäus: «Du, mein guter Chronist, wirst ihnen das Gleichnis von den zehn klugen und den zehn törichten Jungfrauen wiederholen und das von dem Herrn, der seinen drei Dienern Talente gibt, damit sie diese nutzbringend anlegen, und zwei das Doppelte dazuverdienen, während der Faule es vergräbt. Erinnerst du dich?»

«Ja, mein Herr, ganz genau.»

«Dann wiederhole sie den Jüngern hier. Nicht alle kennen sie. Auch die, die sie kennen, werden sie gerne noch einmal hören. So vertreibt ihr euch die Zeit bis zu meiner Rückkehr mit lehrreichen Reden. Seid wachsam! Seid wachsam! Haltet euren Geist wach! Diese Gleichnisse passen auch zu dem, was ich euch gesagt habe. Lebt wohl. Der Friede sei mit euch.»

Jesus nimmt Johannes bei der Hand und entfernt sich mit ihm in Richtung Stadt. Die anderen begeben sich zum Lager der Galiläer.