05.07.2016

HEILUNG DER BEIDEN BLINDEN UND DES STUMMEN BESESSENEN

nach Maria Valtorta

Jesus begibt sich in die Küche, und da er Johannes zum Brunnen gehen sieht, zieht er es vor, ihn zu begleiten, anstatt in der warmen, raucherfüllten Küche zu bleiben; er läßt Petrus zurück, der mit den Fischen beschäftigt ist, die die Schiffsjungen des Zebedäus für das Nachtmahl des Meisters und der Apostel gebracht haben. Sie gehen nicht zur Quelle am anderen Ende des Ortes, sondern zum Brunnen auf dem Marktplatz, dessen Wasser von der schönen und reichen Quelle stammt, die an der Seite des Berges am See entspringt. Auf dem Platz sind abends, wie in Palästina üblich, die Dorfleute versammelt: Frauen mit Wasserkrügen, spielende Kinder und miteinander verhandelnde und über Ortsangelegenheiten plaudernde Männer. Man sieht auch Pharisäer in Begleitung ihrer Diener oder Klienten vorüberziehen, die zu ihren reichen Palästen zurückkehren. Alle gehen zur Seite, um sie vorüberziehen zu lassen, und grüßen ehrerbietig, um sie dann gleich darauf von ganzem Herzen zu verwünschen und ihre letzten Gemeinheiten und ihren Wucher zu verurteilen.

Matthäus unterhält sich in einer Ecke des Platzes mit seinen alten Freunden, was den Pharisäer Urias zu den verächtlichen und gut vernehmlichen Worten veranlaßt: «Das sind die berühmten Bekehrungen! Die Neigung zur Sünde bleibt; man sieht es an den Freundschaften, die noch anhalten. Ha, ha, ha!»

Worauf sich Matthäus beleidigt umwendet und entgegnet: «Sie dauern an, um bekehrt zu werden.»

«Kein Grund vorhanden! Dazu genügt dein Meister. Du halte dich von diesen Dingen fern, damit du nicht in die Krankheit zurückfällst, vorausgesetzt, dass du wirklich geheilt bist.»

Matthäus verfärbt und bemüht sich, nicht grob zu werden; er beschränkt sich darauf, zu erwidern: «Habe keine Sorge, aber auch keine Hoffnung»

«Was meinst du damit?»

«Habe keine Sorge, dass ich dich nachahme und so diese Seelen verliere. Die Trennungen und das verächtliche Benehmen überlasse ich dir und

deinen Freunden. Ich ahme meinen Meister nach und gehe zu den Sündern, um sie zur Gnade zu führen.»

Urias möchte etwas entgegnen, aber ein anderer Pharisäer, der alte Elias, kommt ihm zuvor und sagt: «Aber beschmutze doch nicht deine Reinheit und verunreinige nicht deine Lippen, Freund. Komm mit mir!»Und er nimmt Urias am Arm und begleitet ihn zu seinem Haus.

Indessen drängen sich die Menschen, besonders die Kinder, um Jesus. Unter den Kindern befindet sich auch das Geschwisterpaar Johanna und Tobiolus, die vor einiger Zeit um Feigen gestritten hatten. Sie strecken ihre Arme zur hohen Gestalt Jesu aus, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und sagen: «Hör mal, hör mal! Weißt du, auch heute sind wir brav gewesen. Wir haben nicht geweint und nicht miteinander gestritten, aus Liebe zu dir. Gibst du uns einen Kuß?»

«Ihr seid also aus Liebe zu mir brav gewesen? Damit macht ihr mir eine große Freude. Hier einen Kuß. Seid auch morgen wieder brav!»

Auch Jakob ist da, der Junge, der Jesus jeden Samstag die Geldbörse des Matthäus gebracht hat. Er sagt: «Levi gibt mir nichts mehr für die Armen des Herrn; aber ich habe alles Kleingeld auf die Seite gelegt, dass man mir schenkt, wenn ich brav bin, und das bekommst du jetzt. Gibst du es den Armen für meinen Großvater?»

«Ganz gewiss! Was hat denn dein Großvater?»

«Er kann nicht mehr gehen. Er ist so alt, und die Beine tun nicht mehr mit.»

«Tut dir dies leid?»

«Ja, denn er war mein Lehrer, wenn wir durch die Felder zogen. Er hat mir so viele Dinge beigebracht. Er hat mich den Herrn lieben gelehrt. Auch jetzt erzählt er mir von Job und zeigt mir die Sterne am Himmel, aber von seinem Sessel aus ... Früher war es viel schöner.»

«Morgen werde ich deinen Großvater besuchen. Bist du zufrieden?»

Und Jakob wird von Benjamin abgelöst; nicht von dem aus Magdala, sondern von dem aus Kapharnaum aus einer früheren Vision. Auf dem Platz angekommen, läßt er, als er Jesus sieht, die Hand seiner Mutter los und bahnt sich mit einem Ausruf, der dem Schrei einer Schwalbe gleicht, in der Menge einen Weg. Bei Jesus angelangt, umfängt er dessen Knie und bettelt: «Auch mir, auch mir eine Liebkosung!»

In diesem Augenblick kommt der Pharisäer Simon vorüber. Er macht vor Jesus eine feierliche Verneigung, die dieser erwidert.

Der Pharisäer bleibt stehen, während die Menge furchtsam zurückweicht, und sagt mit einem Anflug von Lächeln: «Und mir keine Liebkosung?»

«Allen, die mich darum bitten. Ich beglückwünsche dich, Simon, zu deiner so guten Gesundheit. Man hatte mir in Jerusalem gesagt, du seist schwer krank.»

«Ja, ich war krank, und ich habe nach dir verlangt, um geheilt zu werden.»

«Glaubst du, dass ich das vermocht hätte?»

«Daran habe ich nie gezweifelt. Aber ich musste von selbst gesund werden, weil du so weit entfernt warst. Wo bist du denn gewesen?»

«An den Grenzen Israels, wo ich die Tage zwischen Ostern und Pfingsten verbracht habe.»

«Mit viel Erfolg? Ich habe von den Aussätzigen in Hinnom und Siloe gehört. Großartig! Du allein? gewiss nicht! Aber dies erfährt man durch den Priester Johannes. Wer nicht voreingenommen ist, glaubt an dich und ist selig.»

«Und wer nicht glaubt, weil er voreingenommen ist? Was ist mit dem, du weiser Simon?»

Der Pharisäer ist ein wenig verwirrt ... Er schwankt zwischen dem Wunsch, seine zahlreichen Freunde nicht zu verurteilen, die gegen Jesus sind, und dem anderen, dass Lob Jesu zu verdienen. Dieser Wunsch siegt, und er sagt: «Und wer nicht an dich glauben will, trotz der Beweise, die du gibst, der ist verurteilt...»

«Ich wünsche, dass es niemand würde ...»

«Du, ja! Aber wir bringen dir nicht dasselbe Maß an Liebe entgegen, dass du uns schenkst. Allzu viele sind deiner nicht wert... Jesus, ich möchte dich morgen bei mir zu Tisch haben...»

«Morgen bin ich verhindert; aber in zwei Tagen könnte ich kommen. Bist du damit einverstanden?»

«Immer! Es werden... Freunde... da sein, die du bemitleiden musst, wenn...»

«Ja, ja! Ich werde mit Johannes kommen.»

«Nur mit ihm?»

«Die anderen haben ihre Aufgaben. Sie kommen gerade aus den umliegenden Orten zurück. Der Friede sei mit dir, Simon!»

«Gott sei mit dir, Jesus!»

Der Pharisäer geht weg, und Jesus schließt sich der Gruppe der Apostel an. Sie kehren zum Haus zurück, zum Abendessen.

Aber während sie den gerösteten Fisch essen, kommen Blinde, die Jesus schon auf dem Weg angefleht haben. Sie wiederholen nun ihre Bitte: «Jesus, Sohn Davids, habe Erbarmen mit uns!»

«Aber geht doch fort! Er hat gesagt, dass ihr morgen kommen sollt. Laßt ihn jetzt essen», rügt Simon Petrus.

«Nein, Simon, jage sie nicht fort! Soviel Ausdauer verdient Belohnung. Kommt, kommt her, ihr beiden», sagt Jesus zu den Blinden, und sie treten ein, indem sie sich mit dem Stock am Boden und an der Wand vorwärtstasten. «Glaubt ihr, dass ich euch das Augenlicht wiedergeben kann?»

«O ja, Herr! Wir sind gekommen, weil wir dessen gewiss sind.»

Jesus erhebt sich vom Tisch, nähert sich ihnen, legt seine Fingerbeeren auf die blinden Augen, erhebt den Blick, betet und sagt: «Es geschehe euch nach eurem Glauben!» Er nimmt die Hände weg, und die bisher unbeweglichen Augenlider des einen heben sich; das Licht trifft von neuem die wiedergeborenen Pupillen, während sich die Lider des anderen öffnen; wo zuvor eine eiternde Entzündung war, bildet sich nun ein neuer Lidrand, und die Lider heben und senken sich mit Leichtigkeit.

Die beiden fallen auf die Knie.

«Erhebt euch und geht! Und achtet darauf, dass niemand erfährt, was ich an euch getan habe. Bringt die Nachricht von der erhaltenen Gnade in eure Dörfer zu den Eltern, den Verwandten und den Freunden. Hier braucht es niemand zu wissen, es wäre auch für eure Seelen nicht gut. Bewahrt sie vor Verletzungen eures Glaubens, so wie ihr jetzt, da ihr wißt, was das Auge wert ist, es vor Verletzungen schützen werdet, um nicht wieder blind zu werden.»

Das Abendessen ist zu Ende. Sie steigen auf die Terrasse hinauf, wo es kühl ist. Der See glitzert im Schein des Mondviertels. Jesus setzt sich auf den Rand des Mäuerchens und erfreut sich am Anblick des silbrig bewegten Sees. Die anderen unterhalten sich mit gedämpfter Stimme, um ihn nicht zu stören.

Sie betrachten ihn wie bezaubert. In der Tat, wie schön ist er! Das Mondlicht beleuchtet sein ernstes, doch gütiges Antlitz, was ermöglicht, die Züge in allen ihren Einzelheiten zu erkennen. Er hat den Kopf ein wenig geneigt und an den Weinstock gelehnt, der hier heraufwächst, um sich dann über die ganze Terrasse auszubreiten. Aus seinen länglichen, blauen Augen, die in der Nacht fast die Farbe des Onyx annehmen, scheinen sich Wellen des Friedens über alle Dinge zu ergießen. Bisweilen erheben sie sich zum heiteren, von Sternen besäten Himmel oder schweifen über die Hügel oder, noch tiefer, über den See; andere Male verweilen sie an einem unbestimmten Punkt und scheinen über etwas zu lächeln, was nur sie zu sehen vermögen. Die Haare wehen im leichten Wind. Das eine Bein ein wenig über dem Boden, dass andere auf den Boden gestützt, sitzt er, mit den Händen im Schoße, auf der Mauer, und das weiße Gewand scheint seinen Glanz noch zu erhöhen, da es im Mondlicht wie Silber schimmert, während die langen Hände von der Farbe weißen Elfenbeins den Ton alten Elfenbeins annehmen, der ihre schlanke, männliche Schönheit noch unterstreicht.

Auch das Antlitz mit der hohen Stirn, der geraden Nase und dem zarten Oval der Wangen, dass der bronzefarbene Bart verlängert, scheint in diesem Mondlicht den Ton alten Elfenbeins anzunehmen, der den rosigen Anhauch, den man bei Tageslicht bemerkt, verdrängt.

«Bist du müde, Meister?» fragt Petrus.

«Nein!»

«Du scheinst mir so bleich und nachdenklich...»

«Ich habe nachgedacht. Aber ich glaube nicht, dass ich blasser als sonst bin. Kommt hierher... Das Mondlicht macht euch alle bleich. Morgen geht ihr nach Chorazim. Vielleicht werdet ihr dort Jünger finden. Redet mit ihnen. Doch achtet darauf, dass ihr morgen abend wieder hier seid. Ich werde beim Bach predigen.»

«Wie schön! Wir werden es den Leuten in Chorazim sagen. Heute haben wir auf dem Heimweg Martha und Marcella getroffen. Sind sie hier gewesen?» fragt Andreas.

«Ja!»

«In Magdala ist viel Gerede, dass Maria nicht mehr ausgeht und keine Feste mehr feiert. Wir haben uns bei der Frau, wie letztes Mal, ausgeruht. Benjamin hat mir gesagt, dass er an dich denkt, wenn er versucht ist, böse zu sein, und ...»

«... und an mich, sag es nur, Jakobus», fügt Iskariot bei.

«Das hat er nicht gesagt.»

«Aber mit einem Hintergedanken hat er gesagt: „Ich will nicht schön und böse sein“, und dabei hat er mich von der Seite angeschaut. Er kann mich nicht leiden ...»

«Das sind Abneigungen, die nichts bedeuten, Judas. Denk nicht daran», sagt Jesus.

«Ja Meister! Aber es ist ärgerlich, dass ...»

«Ist der Meister da?» ruft eine Stimme von der Straße her.

«Er ist da. Aber was wollt ihr denn schon wieder? Genügt euch nicht der Tag, der so lang ist? Ist das die Stunde, in der man arme Pilger stört? Kommt morgen wieder», befiehlt Petrus.

«Wir haben einen Besessenen hier, der stumm ist. Unterwegs ist er uns dreimal davongelaufen. Wenn dies nicht geschehen wäre, hätten wir früher hier sein können. Seid so gut! Später, wenn der Mond hoch steht, fängt er an zu brüllen und erschreckt das ganze Dorf. Seht ihr nicht, wie er schon unruhig wird?!»

Jesus neigt sich über das Mäuerchen, nachdem er die ganze Terrasse überquert hat. Die Jünger ahmen ihn nach. Eine Reihe von Gesichtern über eine Volksmenge gebeugt, die die Köpfe zu den Hinabschauenden erhebt.

Mitten unter ihnen befindet sich ein Mann, der sich benimmt und knurrt wie ein Wolf oder ein Bär an der Kette. Seine Handgelenke sind zusammengebunden, damit er nicht entfliehen kann. Winselnd wie ein Tier, macht er wilde Bewegungen und schnüffelt auf dem Boden, als ob er etwas suche. Aber wenn er aufschaut und dem Blick Jesu begegnet, bricht er in ein bestialisches Gebrüll aus, ein wahres, unbegreifliches Heulen, und sucht zu entweichen.

Die Menge, fast alle Erwachsenen von Kapharnaum, weicht erschrocken zurück. «Komm doch, bitte! Er hat einen neuen Anfall...»

«Ich komme sofort.»

Jesus geht eilends hinunter und auf den Unglücklichen zu, der jetzt erregter ist als zuvor.

«Weiche von ihm! Ich will es!»

Das Gebrüll löst sich auf und wird zu dem Wort: «Friede!»

«Ja, Friede! Habe nun, da du geheilt bist, Frieden.»

Die Menge schreit vor Verwunderung auf, da sie den plötzlichen Übergang vom Wutanfall zur Ruhe, von der Besessenheit zur Befreiung, von der Stummheit zur Sprache wahrnimmt.

«Woher habt ihr gewußt, dass ich hier bin?»

«In Nazareth hat man uns gesagt: „Er ist in Kapharnaum.“ In Kapharnaum haben es uns zwei, deren Augen von dir in diesem Haus geheilt worden sind, bestätigt.»

«Das ist wahr! Das ist wahr! Auch zu uns haben sie es gesagt ...» schreien viele gleichzeitig und erklären: «Niemals hat man solche Dinge in Israel gesehen!»

«Hätte er nicht die Hilfe von Beelzebub, dann hätte er es nicht tun können», werfen die Pharisäer von Kapharnaum, unter denen Simon fehlt, höhnisch lachend dazwischen.

«Hilfe oder keine Hilfe, ich bin geheilt und die Blinden auch. Ihr könntet dies nicht, trotz eurer großartigen Gebete», entgegnet der von stummer Besessenheit Geheilte und küßt das Gewand Jesu, der den Pharisäern nicht antwortet, sondern sich darauf beschränkt, die Menge zu verabschieden mit seinem: «Der Friede sei mit euch!» während er sich um den geheilten Besessenen und seine Begleiter kümmert und ihnen im oberen Raum einen Platz zum Ausruhen bis zum anderen Morgen anweist.

Jesus befindet sich auf dem Weg vom See von Meron zu dem von Galiläa. Bei ihm sind der Zelote und Bartholomäus. Es scheint, dass sie an einem Bach, der zu einem kleinen Wasserfaden geworden ist, aber noch immer blätterreiche Pflanzen nährt, auf die anderen warten, die gerade von zwei verschiedenen Seiten auf sie zukommen.

Der Tag ist heiß. Dennoch sind viele Leute den drei Gruppen, die anscheinend in den umliegenden Dörfern predigten, gefolgt. Die Kranken hatten sie der Gruppe Jesu zugeführt, während die anderen zwei Gruppen sich darauf beschränkten, vor den Gesunden über ihn zu sprechen. Viele wunderbar Geheilte bilden eine glückliche Schar; sie sitzen zwischen den Pflanzen, und ihre Freude ist so groß, dass sie die Müdigkeit gar nicht spüren, die ihnen die Hitze, der Staub und das grelle Licht verursachen; alles Dinge, die den anderen lästig sind.

Als die von Judas Thaddäus geführte Gruppe als erste bei Jesus ankommt, ist die Müdigkeit aller, die zu ihr gehören und die ihr folgen, offenbar. Als letzte kommt die von Petrus geführte Gruppe, in der sich viele aus Chorazim und Bethsaida befinden.

«Wir haben es geschafft, Meister. Aber es müßten noch mehr Gruppen sein... Du siehst es. Man kann nicht lange wandern wegen der großen Hitze. Wie sollen wir es nun anfangen? Es scheint, dass die Welt sich erweitert, so dass wir noch mehr zu tun haben und uns in die Dörfer verteilen und größere Entfernungen zurücklegen müssen. Ich wußte nicht, dass Galiläa so groß ist. Wir sind in einem Winkel des Landes, wirklich in einer Ecke, und es ist nicht möglich, dich überall zu verkünden, so weit ist das Gebiet und das Bedürfnis und der Wunsch nach dir», seufzt Petrus.

«Die Welt wird nicht größer, Simon. Vielmehr nehmen die Menschen zu, die den Meister kennenlernen», entgegnet Thaddäus.

«Ja, dass ist wahr. Sieh nur, wie viele Leute. Einige folgen uns seit heute morgen. In den heißen Stunden haben wir uns in einen Wald geflüchtet. Aber noch jetzt, da sich der Tag neigt, ist es mühsam zu wandern. Und diese Armen sind viel weiter von ihren Heimatdörfern entfernt als wir. Wenn die Menge weiterhin so zunimmt, weiß ich nicht, was wir anfangen werden...» sagt Jakobus des Zebedäus.

«Im Oktober werden auch die Hirten kommen», tröstet Andreas.

«Ach ja, die Hirten und die Jünger sind gute Leute. Aber sie sind nur imstande zu sagen: „Jesus ist der Erlöser. Dort ist er.“ Weiter nichts», antwortet Petrus.

«Dann weiß das Volk wenigstens, wo es ihn finden kann. Jetzt hingegen! Wir gehen hierher, und sie gehen dorthin; und während sie dann hierher kommen, gehen wir dorthin, und sie müssen uns nachlaufen. Und dazu mit Kindern und Kranken, was gar nicht so einfach ist.»

Jesus sagt: «Du hast recht, Simon Petrus. Auch ich habe Mitleid mit diesen Seelen und Scharen. Für viele kann es einen nicht wiedergutmachbaren Verlust bedeuten, wenn sie mich nicht zu einer bestimmten Zeit ausfindig machen. Seht nur, wie müde und ratlos jene sind, die noch nicht einmal die gewissheit von meiner Wahrheit besitzen, und wie jene hungern, die einmal von meinem Worte gekostet haben und nun nicht mehr ohne dasselbe auskommen und von keinem anderen Worte mehr befriedigt werden. Sie scheinen Schafe ohne Hirten zu sein, die umherirren und niemand finden, der sie auf eine Weide führt. Ich werde mich um sie kümmern. Aber ihr müßt mir helfen. Mit all euren geistigen, moralischen und körperlichen Kräften. Nicht mehr in großen Gruppen, sondern paarweise müßt ihr umherziehen. Wir wollen die besten Jünger paarweise aussenden. Denn die Ernte ist wahrlich groß! Oh, in diesem Sommer will ich euch auf diese große Mission vorbereiten. Im Monat Tammus wird uns Isaak mit den besten Jüngern zu Hilfe kommen. Ich werde euch dann vorbereiten. Ihr genügt noch nicht. Da die Ernte wirklich groß sein wird, ist die Zahl der Arbeiter im Vergleich dazu sehr gering. Bittet also den Herrn der Ernte, dass er viele Arbeiter für seine Ernte sende.»

«Ja, mein Herr; aber das wird wenig an der Lage derer ändern, die dich suchen», sagt Jakobus des Alphäus.

«Warum, Bruder?»

«Weil sie nicht nur Uhre und Worte des Lebens suchen, sondern auch Heilung von ihren Krankheiten oder anderen Schäden, die das Leben oder Satan dem höheren oder niederen Teile des Menschen zufügen. Und das kannst nur du allein, denn in dir ist die Macht dazu.»

«Wer eins mit mir ist, wird zu gegebener Zeit dasselbe können, was ich tue, und die Armen werden Hilfe finden in all ihren Nöten. Aber ihr habt noch nicht in euch, was erforderlich ist, um dazu fähig zu sein. Gebt euch Mühe, euch selbst zu überwinden, dass Menschliche in euch mit Füßen zu treten, um den Geist siegen zu lassen. Ihr braucht nicht nur mein Wort, sondern auch den Geist desselben: heiligt euch durch das Wort, und ihr vermögt alles. Und nun wollen wir gehen, ihnen mein Wort zu verkünden, vorausgesetzt, dass sie nicht schon vorher fortgehen wollen. Dann kehren wir nach Kapharnaum zurück. Auch dort erwartet man uns...»