07.03.2016

IN KANA IM HAUS DER SUSANNA; DER KÖNIGLICHE BEAMTE

nach Maria Valtorta

Jesus ist anscheinend auf dem Weg zum See. Jedenfalls erreicht er nun Kana und begibt sich zum Haus der Susanna. Es begleiten ihn die Vettern.

Während sie dort eine Mahlzeit einnehmen und sich ausruhen, und während man den Worten Jesu mit Interesse zuhört, wie dies bei Verwandten oder Freunden von Kana stets der Fall sein sollte, belehrt er diese guten Menschen in schlichter Weise. Jesus tröstet auch den Mann im Kummer um seine Susanna, die krank zu sein scheint, da sie nicht anwesend ist und man wiederholt von ihren Leiden spricht, tritt ein gut gekleideter Mann ein und wirft sich Jesus zu Füßen nieder.

«Wer bist du? Was willst du?»

Während dieser noch seufzt und weint, zieht der Herr des Hauses Jesus an einem Zipfel seines Gewandes und flüstert: «Es ist ein Beamter des Tetrarchen. Traue ihm nicht zu sehr.»

«So sprich denn, was willst du von mir?»

«Meister, ich habe erfahren, dass du zurückgekehrt bist. Ich habe dich erwartet, wie man auf Gott wartet. Komm sofort nach Kapharnaum. Mein Junge liegt schwer krank darnieder und seine Stunden sind gezählt. Ich bin Johannes, deinem Jünger, begegnet und habe von ihm erfahren, dass du auf dem Weg nach Kapharnaum seiest. Komm, komm schnell, bevor es zu spät ist.»

«Du, der du ein Diener des Verfolgers des Heiligen Israels bist, wie kannst du an mich glauben? Ihr glaubt nicht an den Vorläufer des Messias, wie könnt ihr also an den Messias glauben?»

«Es ist wahr, auf uns lasten die Sünden des Unglaubens und der Hartherzigkeit. Doch habe Erbarmen mit einem Vater! Ich kenne Chuza, und habe Johanna gesehen, vor und nach dem Wunder habe ich sie gesehen, und da habe ich den Glauben gefunden.»

«So ist es. Ihr seid ein so ungläubiges und verdorbenes Geschlecht, dass ihr ohne Zeichen und Wunder nicht glaubt. Es fehlt euch die erste notwendige Eigenschaft, um ein Wunder zu erlangen.»

«Das ist wahr! Alles, was du sagst, ist wahr! Doch du siehst, ich glaube nun an dich und bitte dich, komm, komm sofort nach Kapharnaum. Ich werde dir in Tiberias ein Boot besorgen, damit du rascher vorwärtskommst. Aber komm, bevor mein Kind stirbt!», und er weint verzweifelt.

«Ich werde vorerst nicht kommen. Doch, gehe nach Kapharnaum. Dein Sohn lebt und ist von diesem Augenblick an gesund.»

«Gott segne dich, mein Herr. Ich glaube dir. Doch da ich möchte, dass mein ganzes Haus dir ein Fest bereite, komm nach Kapharnaum in mein Haus.»

«Ich werde kommen. Leb wohl! Der Friede sei mit dir!»

Der Mann verläßt eilends den Raum, und kurz darauf hört man den Hufschlag eines Pferdes.

«Ist der Junge nun wirklich geheilt?» fragt Susannas Mann.

«Glaubst du denn, dass ich lügen könnte?»

«Nein, Herr! Doch du bist hier, und der Junge befindet sich dort.»

«Mein Geist kennt weder Schranken noch Entfernungen.»

«Oh, mein Herr, wie du bei meiner Hochzeit Wasser in Wein verwandelt hast, wandle nun auch meine Tränen in ein Lächeln. Heile meine Susanna!»

«Was wirst du mir dafür geben?»

«Die Summe, die du verlangst.»

«Ich beschmutze das, was heilig ist, nicht mit Mammons Blut. Ich frage deine Seele, was sie mir geben will.»

«Mich selbst, wenn du willst.»

«Doch, wenn ich von dir ohne Worte ein großes Opfer verlangen würde?»

«Mein Herr, ich bitte dich um die leibliche Gesundheit meiner Frau und um die Heiligung von uns allen. Ich glaube, dass ich kein Opfer als zu groß erachten darf, um dies zu erlangen...»

«Du fürchtest für deine Frau. Aber wenn ich ihr das Leben wiederschenkte und sie dadurch für immer als meine Jüngerin gewänne, was würdest du dann sagen?»

«Daß... dass du das Recht dazu hast... und daß... und dass ich Abraham in seiner Bereitschaft zum Opfer nachahmen werde.»

«Du hast es gut gesagt. Hört ihr alle: die Zeit meines Opfers naht. Wie ein Strom eilt sie schnell und rastlos ihrer Mündung entgegen. Ich muss alles erfüllen, wozu ich beauftragt bin, doch die menschliche Härte verschließt mir viele Gebiete meiner Sendung. Meine Mutter und Maria des Alphäus werden mich nun begleiten, wenn ich von hier aufbreche, um mich unter Menschen zu begeben, die mich noch nicht lieben oder nie lieben werden. Meine Weisheit sagt mir, dass die Frauen dem Meister auf diesem ihm verschlossenen Gebiet helfen können. Ich bin gekommen, auch die Frauen zu erlösen, und in der künftigen Zeit, in meiner Zeit, wird es Frauen geben, die gleich Priesterinnen dem Herrn und den Dienern des Herrn dienen werden. Ich habe meine Jünger erwählt; doch um die Frauen erwählen zu können, die nicht frei sind, muss ich um die Zustimmung der Väter und der Gatten bitten. Willst du es?»

«Herr... ich liebe Susanna. Bisher habe ich sie mehr dem Fleisch als dem Geist nach geliebt. Doch, durch deine Belehrung hat sich bereits etwas in mir gewandelt, und nun betrachte ich in meiner Frau auch das Seelische, nicht nur das Körperliche. Die Seele gehört Gott, und du bist der Messias, der Sohn Gottes. Ich kann dir nicht versagen, was Gottes ist. Wenn Susanna dir folgen will, werde ich sie nicht daran hindern. Nur bitte ich dich, wirke ein Wunder, heile sie am Leib und mich an der Seele...»

«Susanna ist geheilt. Sie wird in wenigen Stunden hierher kommen, um dir ihre Freude mitzuteilen. Laß ihre Seele ihrem inneren Drang folgen und sprich nicht mit ihr über das, was ich dir jetzt gesagt habe. Du wirst sehen, dass ihre Seele freiwillig zu mir kommen und wie eine Flamme aufsteigen wird. Dadurch wird aber ihre Liebe als Gattin nicht erlöschen. Sie wird vielmehr eine höhere Stufe der Liebe erreichen, um in erhabenster Weise zu lieben: mit dem Geist.»

«Susanna gehört dir, Herr! Sie hätte sterben müssen, langsam und unter schrecklichen Qualen. Wäre sie gestorben, hätte ich sie tatsächlich auf dieser Welt verloren. Nun hingegen werde ich sie weiterhin an meiner Seite haben, und sie wird mich mit sich auf deine Wege führen. Gott hat sie mir gegeben und Gott nimmt sie mir. Der Allerhöchste sei gepriesen, in seinem Geben und Nehmen.»