24.09.2016

JESU LEIDENSANKÜNDIGUNG UND DAS UNVERSTÄNDNIS DER APOSTEL

nach Maria Valtorta

Jesus schaut sie ganz traurig an . . . und entgegnet: »Erinnert ihr euch nicht daran, was David von Christus sagt, und was Jesaja von Christus sagt . . . Ihr nehmt den süßen Honig, den berauschenden Wein der Propheten . . . bedenkt jedoch nicht, dass der Menschensohn, um König der Könige zu werden, die Galle und den Essig trinken und sich mit dem Purpur seines Blutes bekleiden muss . . .

Doch es ist nicht eure Schuld, wenn ihr das nicht versteht . . . und euer Irrtum in der Auslegung ist Liebe. Ich möchte in euch eine andere Liebe. Doch vorerst könnt ihr nicht . . . Jahrhunderte der Sünde stellen sich dem Menschen entgegen und verhindern, dass das Licht in ihn dringe. Aber das Licht wird die Festungsmauern niederreißen und in euch strömen . . . Laßt uns gehen.«

Sie kehren auf den Saumpfad zurück, den sie verlassen haben, um zu dem abseits gelegenen Plateau zu gelangen, und steigen nun rasch ins Tal hinunter. Die Apostel flüstern miteinander . . .

Dann läuft Philippus nach vorn, holt den Meister ein und fragt: »Habe ich dir mißfallen, Herr? Das wollte ich nicht . . . Grollst du mir?«

»Nein, Philippus. Aber ich wollte, ihr würdet mich wenigstens verstehen . . . «

»Du hast mit einem so sehnsüchtigen Blick in jene Richtung geschaut . . . «

»Weil ich daran dachte, in wie vielen Orten ich noch nicht gewesen bin. Und ich werde nie hinkommen . . . denn meine Zeit vergeht . . . Wie kurz ist doch die Zeit des Menschen, und wie langsam ist der Mensch bei seinem Tun! . . . Wie sehr empfindet der Geist diese irdischen Beschränkungen . . . Aber . . . Vater, dein Wille geschehe!«

»Du bist doch durch alle Gebiete der alten Stämme gezogen, mein Meister. Wenigstens einmal hast du sie geheiligt, so dass man sagen kann: du hast die zwölf Stämme in deiner Hand gesammelt . . . «

»Das ist wahr. Ihr werdet später das tun, wozu mir keine Zeit mehr verblieben ist.«

»Du, der du die Flüsse in ihrem Lauf aufhältst und die Meere beruhigst, könntest du nicht auch die Zeit verlangsamen?«

»Ich könnte es. Doch der Vater im Himmel, der Sohn auf Erden, und die Liebe, die im Himmel und auf Erden ist, erwarten mit glühender Sehnsucht die Erfüllung des Werkes der Verzeihung . . . « und Jesus versenkt sich in tiefe Betrachtung. Philippus nimmt Rücksicht, läßt ihn allein und schließt sich seinen Gefährten an, denen er von seinem Zwiegespräch mit dem Meister berichtet.