08.11.2017

Johannes Tauler (um 1300-1361), Dominikaner in Straßburg zum Evangelium vom 08.11.2017

„Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein“

Da unser Haupt in den Himmel aufgefahren ist, ist es angemessen, dass seine Glieder ihrem Herrn auf dem Weg, den er so qualvoll gegangen ist, nachfolgen. Denn „Christus musste all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen“ (Lk 24,26). Wir müssen unserm Haupt nachfolgen, ihm, der der Liebe so würdig ist und der uns das Banner vorausgetragen hat. Jeder nehme sein Kreuz auf sich und folge ihm nach; so werden wir dorthin gelangen, wo er ist. Viele folgen, wie man leicht sehen kann, dieser Welt um lächerlicher Ehre willen. Dafür verzichten sie auf Komfort, auf Familie und Freunde; sie setzen sich den Gefahren des Krieges aus – und das nur um weltlicher Güter willen. Mit gutem Recht also leisten wir völligen Verzicht, um das reine Gut zu erlangen, das Gott ist, und folgen unserm Haupt nach...

Nicht selten trifft man auf Menschen, die Zeugen des Herrn sein wollen, und zwar im Frieden, also unter der Voraussetzung, dass alles nach ihren Wünschen abläuft. Sie wollen gerne Heilige werden, aber ohne Mühe, ohne Unannehmlichkeiten und Schwierigkeit, ohne dass es sie etwas kostet. Sie wollen Gott kennenlernen, ihn verkosten und spüren, aber es darf nichts Bitteres dabei im Spiel sein. Sobald man sich aber anstrengen muss, sobald sie mit Bitterkeit, Dunkelheit und Versuchungen zu tun haben, sobald sie Gott nicht mehr spüren und sich innerlich wie äußerlich verlassen fühlen, verflüchtigt sich ihre schöne Entschlossenheit. Das sind keine wirklichen Zeugen, so wie wir sie für den Retter brauchen... Könnten wir uns doch von solchen Bestrebungen lösen und jederzeit, auch mitten im Unglück, den Frieden suchen! Nur da entsteht der wahre Friede, ein Friede, der Bestand hat.