11.05.2017

Hl. Teresa von Avila (1515 — 1582), Kirchenlehrerin: „Dein Wille geschehe“

„Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.“ Alle meine Ratschläge in diesem Buch haben nur ein Ziel: uns ganz in die Hände des Schöpfers zu überantworten, unseren Willen dem seinen zu unterwerfen, uns von den geschaffenen Dingen zu lösen. Ihr werdet die große Wichtigkeit dieser Haltung verstanden haben, ich werde darüber nichts mehr sagen. Ich werde nur noch aufzeigen, warum unser guter Meister diese Bitte im Vater unser formuliert hat: Weil er weiß, wie groß der Vorteil für uns ist, dem himmlischen Vater diese Freude zu machen. Dadurch machen wir uns bereit, schnell das Ziel unserer Reise zu erreichen und uns an den lebendigen Wassern gütlich zu tun...

Das also ist die vollkommene Kontemplation, über die ihr mich zu sprechen batet... Wir können ihr nichts hinzufügen. In ihr braucht es keine Anstrengungen und keine Wissenschaft von unserer Seite; es reicht, wenn wir sagen: „Fiat voluntas tua; dein Wille geschehe.“ Und tatsächlich wäre alles, was wir in Angriff nehmen könnten durch unsere Arbeit oder unser Können, um uns die Ruhe der Kontemplation zu erwirken, nur Hindernis und Verhinderung.

Dein Wille geschehe, Herr, geschehe in mir! Auf allen Wegen und durch jede Art und Weise, die du zulässt und für richtig hältst, mein guter Meister! Wenn du meinst, dass es durch Leiden geschehen soll, dann stärke mich – und die Leiden mögen kommen! Wenn durch Verfolgungen, Krankheiten, Zerwürfnisse, Entbehrungen – hier bin ich! Ich werde mein Angesicht nicht abwenden, mein Vater. Es wäre meiner nicht würdig, zurückzuweichen. Da dein Sohn dir meinen Willen dargebracht hat, indem er dir den Willen aller Menschen anbot, wäre es nicht gerechtfertigt, wenn ich mich entzöge. Doch damit ich den Mut habe, mein Gott, so bewillige mir doch das Reich, das dein Sohn von dir für mich erbeten hat. Danach verfüge über mein ganzes Sein, wie es deinem Willen entspricht, als sei es schon ganz dir übereignet.