20.06.2016

VOM RICHTEN

nach Maria Valtorta

«Kinder, meine Predigt geht zu Ende, so wie der Tag mit der im Westen untergehenden Sonne zur Neige geht. Ich möchte, dass ihr euch meiner Worte auf diesem Berge erinnert. Prägt sie in eure Seelen ein! Denkt oft über sie nach. Sie sollen euch ein ständiger Führer sein. Vor allem, seid gut zu den Schwachen. Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denkt daran, dass der Augenblick kommen könnte, da Gott euch daran erinnert: „So hast du geurteilt, obwohl du wußtest, dass es schlecht war. Du hast also bewusst gesündigt. Büße nun deine Schuld.“

Die Nächstenliebe ist schon eine Lossprechung. Seid barmherzig zu allen und in allem. Wenn euch Gott immerfort beisteht, damit ihr rechtschaffene Menschen bleibt, so werdet nicht stolz. Sucht vielmehr die Leiter der Vollkommenheit emporzusteigen, auch wenn sie noch so steil ist. Reicht den Müden, den Unwissenden und den Enttäuschten die Hand. Warum betrachtest du so aufmerksam den Splitter im Auge deines Bruders und bemühst dich nicht vorher, den Balken aus deinem eigenen zu entfernen? Wie kannst du zu deinem Nächsten sagen: „Laß mich den Splitter aus deinem Auge nehmen“, wenn der Balken in deinem Auge dich blind macht? Sei nicht scheinheilig, Sohn! Entferne erst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du den Splitter bei deinem Bruder entfernen, ohne ihn zu sehr zu verletzen.

Aber wenn ihr nicht lieblos sein dürft, so dürft ihr doch auch nicht unvorsichtig sein. Ich habe euch gesagt: Reicht den Müden, den Unwissenden und allen, die Opfer unvorhergesehener Enttäuschungen wurden, die Hand. Wenn es Nächstenliebe ist, die Unwissenden zu belehren, die Müden aufzumuntern und den Menschen neue Flügel zu geben, denen das Leben die Flügel gebrochen hat, so ist es andererseits unklug, den von Satan Angesteckten die ewigen Wahrheiten zu enthüllen. Denn ihre Absicht ist es, sich mit diesen Wahrheiten heuchlerisch als Prophet auszugeben, sich bei den Einfältigen einzuschleichen und in frevelhafter Weise die Sache Gottes irrezuführen und zu beschmutzen und schließlich zugrunde zu richten. Absolute Ehrfurcht, dass Wissen, wo gesprochen und wo geschwiegen werden soll, die Fähigkeit zu überlegen und zu handeln: das sind die Tugenden des wahren Jüngers, um Anhänger zu gewinnen und Gott zu dienen. Ihr habt eine Vernunft, und wenn ihr in Gerechtigkeit lebt, so wird euch Gott die nötige Erleuchtung geben und euren Verstand leiten. Denkt daran, dass die ewigen Wahrheiten Perlen gleichen, und nie hat man gesehen, dass Perlen Schweinen vorgeworfen wurden, die Eicheln und übelriechenden Abfall den kostbaren Perlen vorziehen. Erbarmungslos würden sie sie zertreten und danach mit der Wut eines Betrogenen auf euch losgehen und euch zerreißen. Heiliges darf nicht den Hunden vorgeworfen werden, weder jetzt, noch jemals.

Vieles habe ich euch gesagt, meine Kinder! Hört auf meine Worte! Wer sie hört und sie befolgt, gleicht dem bedächtigen Menschen, der für den Bau seines Hauses einen felsigen Grund wählte. gewiss kostete es viel Mühe, dass Fundament zu errichten. Er brauchte Spitzhacke und Stemmeisen, seine Hände bekamen Schwielen und sein Rücken schmerzte. Doch schließlich konnte er den Mörtel in die Felsspalten gießen und die Bausteine dicht aneinanderfügen, wie bei einer Festungsmauer. Das Haus wurde immer größer und stark wie ein Berg. Es kamen Unwetter, Wolkenbrüche, durch die Regenfälle traten die Flüsse über die Ufer, die Winde heulten und die Wellen schlugen an das Haus, doch das Haus hielt stand. So ist es auch bei dem Menschen mit fest gegründetem Glauben. Wer jedoch oberflächlich zuhört und sich nicht bemüht, meine Worte in sein Herz einzugraben, weil er weiß, dass er sich zu sehr anstrengen müßte, dass es ihm Schmerzen bereiten würde und er zu viele tiefsitzende Dinge ausmerzen müßte, der gleicht dem Menschen, der aus Trägheit und Torheit sein Haus auf Sand baut. Kaum kommen die Unwetter, zerfällt das rasch erstellte Haus ebenso rasch, und der Törichte betrachtet untröstlich seine Trümmer und den Ruin seines Vermögens. Hier handelt es sich nicht nur um eine Ruine, die mit Aufwand und Mühe wieder hergestellt werden kann. Vielmehr ist hier das nicht tief gegründete Bauwerk des Glaubens eingestürzt und nichts mehr bleibt, um es wieder aufzubauen. Im jenseitigen Leben wird nicht mehr aufgebaut. Wehe dem, der dort mit Trümmern erscheint!

Ich habe geendet. Nun will ich zum See hinuntergehen. Ich segne euch im Namen des dreieinigen Gottes. Mein Friede sei mit euch!»